IM AFRIKA DER GROSSEN SEEN BLEIBEN DIE ALTEN MACHTSYSTEME ERHALTEN
: Gute Nachrichten und ihre Grenzen

Aus einem der blutigsten Konfliktgebiete der Welt dringen plötzlich lauter gute Nachrichten. Ruanda leitet die Vorbereitung von freien Wahlen ein: Per Volksabstimmung erhält es seine erste Verfassung seit dem Völkermord. Burundi ist bei der Realisierung seines Friedensprozesses auf gutem Wege: Die friedliche Machtübergabe an einen Hutu-Präsidenten ist vollzogen, und die afrikanische Schutztruppe aus Südafrika, Äthiopien und Mosambik ist neuerdings vollzählig. Uganda entwickelt sich zum Mehrparteiensystem: Das Verfahren zur Anmeldung freier politischer Parteien ist angelaufen, die bisher hegemonial regierende Exguerilla debattiert die Umwandlung in eine Formation unter vielen. Die Demokratische Republik Kongo erfährt so viel Aufmerksamkeit wie nie seit Beginn des jüngsten Krieges: EU und UNO überlegen sich, wie man mit Eingreiftruppen das Morden durch irreguläre Milizen beenden kann.

Dennoch herrscht in der Region kein strahlender Optimismus. Das liegt nicht nur daran, dass jede dieser guten Nachrichten auch eine schlechte Kehrseite hat: In Burundi wird weiter gekämpft, in Uganda werden Rebellen stärker, im Kongo bricht gerade der Friedensprozess zwischen Regierung und Rebellen zusammen, in Ruanda mehren sich repressive Schritte gegen Oppositionskräfte. Der tiefer liegende Grund ist, dass wesentliche Ursachen für die Langlebigkeit der Konflikte im Afrika der Großen Seen im Vergleich zu denen anderer Weltregionen intakt geblieben sind.

Es geht hier nicht um die banale Erkenntnis, dass Armut, Unterentwicklung, soziale Instabilität und ethnische Diskriminierung Kriege befördern, bei denen außerdem mächtige politische und ökonomische Interessen von außen Konflikte am Leben halten. Vielmehr geht es um die Feststellung, dass die Wirtschaftssysteme und Machtsysteme der Region auch detaillierte Friedensverträge und umfassende Demokratisierungsmodelle ungeschoren überleben. Alle Machthaber bleiben an der Macht; es kommen höchstens einige ihrer bisherigen Gegner dazu. Der Kuchen wird dank ausländischer Finanzhilfe vergrößert und soll auch ein wenig mehr Genießern zur Verfügung stehen. Doch die Mächtigen teilen ihn nach wie vor nahezu ausschließlich unter sich auf, und sein Rezept – nämlich die autoritäre, korrupte und weite Bevölkerungsteile ausschließende Art, wie die meisten Einkommen der Region generiert werden – bleibt.

Natürlich ist Frieden ein unschätzbares Gut. Aber wenn Frieden Selbstzweck wird, kann er Ungerechtigkeiten festigen. Und dann ist der nächste Krieg nur eine Frage der Zeit. DOMINIC JOHNSON