Eine Region sieht Rot

Die Region Hannover soll ihre Alles-Rot-Ampeln umrüsten, weil diese laut Verkehrsministerium zu gefährlich sind. ADAC und Polizei können jedoch nicht bestätigen, dass es bei diesen Ampeln häufiger zu Unfällen kommt

Wie Peanuts sehen auf den ersten Blick 55.000 Euro im Gesamthaushalt einer großen Kommune aus. „Doch damit könnten wir beispielsweise die maroden Badezimmer eines unserer Kinderheime komplett sanieren“, sagt Klaus Abelmann, Sprecher der Region Hannover. Im kommenden Jahr aber muss die Region Hannover diese Summe für eine umstrittene Maßnahme ausgeben: Das niedersächsische Verkehrsministerium hat eine bestimmte Art der Ampel-Schaltung verboten.

Es geht um 13 so genannte Alles-Rot-Ampeln. Diese Ampeln zeigen immer Rot für den Autoverkehr. Nähert sich aber ein Fahrer mit der vorgeschriebenen Geschwindigkeit, schalten sie auf grün. Fährt das Auto zu schnell, bleibt die Ampel rot. Für die Umrüstung dieser Ampeln muss die Region 55.000 Euro in den Haushalt 2009 einstellen – als „überplanmäßige Ausgabe“. Für mehr als 15.000 Euro wurde eine solche Anlage beispielsweise erst im Jahr 2005 in dem Ort Gleidingen aufgestellt – damals hatte der Bund der Steuerzahler die besonders teure Ampel noch als Verschwendung kritisiert.

Das niedersächsische Verkehrsministerium aber hat aus ganz anderen Gründen etwas gegen die Alles-Rot-Ampeln. „Unsere Experten halten die Art der Schaltung für gefährlich“, sagt Sprecher Christian Budde. Hauptproblem sind nach Ansicht der Beamten Autofahrer, die die Schaltung kennen und sich darauf verlassen. Sie könnten stur auf den Übergang zufahren – auch wenn die Fußgänger gerade Grün haben.

„Wir halten das für unsinnig“, sagt Regionspräsident Hauke Jagau. Das Land verlange der Region gleichzeitig ein rigoroses Sparprogramm ab. Dass es diese kostenträchtige Umrüstung verordne, sei vollkommen unverständlich. „Den zuständigen Mitarbeitern im Ministerium ist die Finanzlage der Kommunen anscheinend entweder nicht bewusst oder gleichgültig“, wettert Jagau. Die Anordnung des Ministeriums hat Jagau seit Monaten auf dem Tisch, die Umrüstung aber bislang verweigert. Mehrmals sind böse Briefe zwischen den Behörden hin- und hergegangen. Selbst Ministeriumssprecher Budde will nicht leugnen, dass die Sache einen „gewissen Possen-Charakter“ bekommen hat. An der Anordnung halte sein Haus jedoch fest.

Auch der ADAC kann die Argumente des Ministeriums nicht nachvollziehen. Der Automobil-Club sieht die so genannten Alles-Rot-Ampeln sogar als intelligentes Mittel zur Verkehrslenkung. „Uns ist nicht bekannt, dass an diesen Ampeln vermehrt Unfälle passieren“, sagt Christine Rettig vom ADAC. Sollte die Polizei andere Erkenntnisse haben, müsse ihr Verband seine Position noch einmal überdenken. In der Tat gab es laut Polizei in Region und Stadt Hannover keinen einzigen Unfall der vom Ministerium beschriebenen Art. „Wir hatten vereinzelt Auffahrunfälle an diesen Ampeln, die allerdings nichts mit der umstrittenen Schaltung zu tun haben“, sagt Edda Nöthel von der Polizeidirektion Hannover.

Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen spricht indes von einem „Ampel-Chaos“, das weitaus mehr koste als 55.000 Euro. Schließlich seien die Alles-Rot-Ampeln erst kürzlich für sehr viel Geld aufgestellt worden.

LUKAS SANDER