Mit Perlen und Liebe zum Erfolg

Das Filmhaus Köln widmet dem tschechischen Regisseur Jiri Menzel eine Retrospektive. Für „Liebe nach Fahrplan“ erhielt er 1966 einen Oscar, in seiner Heimat erhielt er bald darauf Berufsverbot

VON CHRISTIAN MEYER

Jiri Menzels Name wird wohl immer nur als zweiter fallen, geht es um den Bekanntheitsgrad tschechischer Regisseure. Und so kam am vergangenen Mittwoch, dem Eröffnungsabend zur Jiri-Menzel-Retrospektive im Kölner Filmhaus, aus dem vollbesetzten Saal tatsächlich die kecke Frage, ob er jemals neidisch auf Milos Forman gewesen sei. Der anwesende Regisseur entgegnete knapp: „Ich denke, dass mein Leben lustiger ist als seines.“ Dabei bezog er sich auf den Erfolgsdruck, über den sich Forman einmal bei ihm beklagt hatte.

Lustiger als Formans Leben sind allerdings auch die Filme von Menzel. Und das trotz aller Schwierigkeiten, denen er als Regisseur in der Tschechoslowakei ausgesetzt war. Als Absolvent der renommierten Prager Filmschule FAMU des Jahrgangs 62/63 konnte der 1938 in Prag geborene Menzel vom politischen Tauwetter profitieren, das bis zum Prager Frühling 1968 das Land bestimmte. 1965 übernahm er neben Vera Chytilová, Evald Schorm und anderen einen Part in dem Episodenfilm „Perlchen am Grunde“, der inzwischen als bedeutendes Werk der tschechischen Nouvelle Vague gilt.

Eine herausragende Position nicht nur innerhalb dieses Umfelds verschaffte sich Menzel mit seinem zwischen ruhigem Realismus und absurder Komik pendelnden Film „Liebe nach Fahrplan“, denn für diesen seinen dritten Film erhielt er 1966 in Hollywood den Oscar für den besten ausländischen Film. Die darin geschilderten postpubertären Freiheiten eines jungen Bahnhofsvorstehers im antifaschistischen Widerstand fanden mit dem blutigen Ende des „Prager Frühlings“ ein jähes Ende. Jiri Menzel und viele seiner Kollegen erhielten auf Jahre Berufsverbot, der vielgelobte Film „Lerchen auf Fäden“ (am 8. April, 18 Uhr, zu sehen) verschwand für 20 Jahre im Tresor. Betroffen vom Berufsverbot war auch der Volksschriftsteller Bohumil Hrabal. Er hatte nach seinen eigenen, oft autobiografischen Romanen und Kurzgeschichten voller fein beobachteter Charakterstudien die Drehbücher für viele von Menzels Filmen geschrieben.

Menzels erste Filme nach seiner „Schaffenspause“ sind noch „unverfängliche Komödien“, und es verwundert wenig, dass sie in der Retrospektive keine Beachtung finden. Doch der Humor wird schnell wieder bissiger, die kritischen Anspielungen deutlicher. Mit „Heimat, süße Heimat“, vor zwei Monaten noch im Filmhaus zu sehen, drehte er 1985 einen Kassenschlager, der zur Kultkomödie avancierte.

Mit „Die denkwürdigen Abenteuer des Soldaten Ivan Conkin“ stellte Menzel am Eröffnungsabend seinen bislang letzten Film vor. Neu ist das Werk um einen naiven russischen Soldaten in einem kleinen Dorf zu Kriegsbeginn zwischen Russland und Deutschland indes nicht – der Film wurde 1994 fertiggestellt. Doch seitdem hat sich Menzel primär als Theaterregisseur verdingt. Auch dafür wurde er unlängst ausgezeichnet, doch bedauern darf man seinen Rückzug vom Film angesichts der Qualität seines letzen Films schon. In einer fast slapstickhaften, burlesken Komödie verhöhnt er den Militarismus und stellt ihm ganz naiv die Liebe entgegen. Und die darf in diesem märchenhaften Film dank der erfrischenden Respektlosigkeit gegenüber der Obrigkeit am Ende gewinnen.

Weitere Termine: „Die wunderbaren Männer mit der Kurbel“ (1978): 9.4., 18 Uhr; „Kurzgeschnitten“ (1978): 10.4., 18 Uhr; „Das Wildschwein ist los“ (1979): 12.4., 18:30 Uhr; „Ende der alten Zeiten“ (1983): 14.4., 19:30 Uhr. Filmhaus Köln, Maybachstr. 111, Tel. 0221 / 222 710-15