Kritik aus Istanbul

Türkische Politiker reagieren mit heftiger Empörung auf Gerichtsurteil zur Freilassung von Islamistenführer Kaplan

ISTANBUL taz ■ Die Türkei hat mit heftiger Kritik an der deutschen Justiz auf die Freilassung des Islamistenführers Metin Kaplan und die Ablehnung ihres Auslieferungsbegehrens reagiert. Für das türkische Außenministerium beruht der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorfs auf „unbegründeten Annahmen“. Die Ausführungen zur türkischen Justiz seien „falsch und nicht hinnehmbar“. Kaplan war am Dienstag mit der Begründung freigekommen, Aussagen in der Türkei gegen ihn seien mit Folter erpresst worden. Nach Informationen der türkischen Tageszeitung Cumhurriyet haben bei dem Urteil zwei Dokumente eine entscheidende Rolle gespielt: erstens der Brief des türkischen Menschenrechtsvereins IHD an Kanzler Schröder vom Januar 2003, in dem dieser aufgefordert wird, die Ausweisung Kaplans zu verhindern. Zweitens ein Bericht der Gerichtsmedizin Istanbul, in dem „Spuren groben Prügelns“ an den Körpern von sechs angeklagten Kaplan-Anhängern festgestellt werden. Bisher hatten türkische und deutsche Behörden eng zusammengearbeitet. So konnten nach Aussage des damaligen Justizministers Hasab Denizkurdu die türkischen Behörden 24 Kaplan-Anhänger im November 1998 nur aufgrund von Hinweisen aus Deutschland verhaften. Kaplan könnte nach bestehender Gesetzeslage in der Türkei zu „lebenslänglich“ verurteilt werden, da er und seine Organisation mehrfach zum Umsturz und zur Gründung eines islamischen Gottesstaates aufgerufen haben. Insofern versteht die türkische Regierung die Sorge der deutschen Gerichte um ein faires Verfahren nicht, da die Schuld Kaplans, Hochverrat, mehrfach dokumentiert sei. DILEK ZAPTCIOGLU