Ein Hauch von Digitalem

Mit Show-Effekten hilft ein Bremer Zwei-Personen-Unternehmen den Ausstellungs-Exponaten und der Fantasie von Besuchern auf die Sprünge. Zwischen Groningen und Verden stößt man auf sie

taz ■ Im Museum sind fließende Bilder, Ton und Licht-Shows im Trend. Dahinter steckt immer öfter ein Multi-Media-Unternehmen aus der Bremer Neustadt. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Schröder AV Medien in die Schauräume vieler norddeutscher Museen vorgearbeitet.

Erleben können das beispielsweise Besucher des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven: Wer aus dem dunklen Schauraum auf die Videowand voller Meer schaut, fühlt sich selbst wie unter Wasser – auf der Reise zum tiefsten Punkt des Ozeans. Während synchron zum Film das Spezialschiff „Trieste“ der amerikanischen Marine von 1960 als naturgetreues Modell durch den Raum schwebt.

Solche Effekte ersinnt Helma Schröder. Die 49-Jährige ausgebildete Lehrerin für Geschichte und Sport gründete ihr Unternehmen AV Medien vor 15 Jahren, damals als Fachhandel für professionelle Diaprojektoren und Mehrspurrekorder. „Die ersten Jahre waren wir natürlich in den roten Zahlen“, sagt sie. Heute beliefert sie mit Compagnon und Ehemann Martin Museen von Groningen bis Schleswig mit audiovisuellen Präsentationen.

Das Unternehmen hat sich der Zeit angepasst. Von überblendeten Dias sind die Schröders schon lange weg. Auch wenn sie das ein wenig bedauern: „Die Bildqualität von Dias ist bislang unerreicht. Aber sowas will heute keiner mehr sehen.“ Nun produziert das Paar ‘Multivision‘ für Museen. Also raus mit Audio-Kassetten, her mit CD-ROMs, digitaler Video-, Licht- und Tontechnik. Das Know-How dazu, sagt Helma Schröder, „haben wir uns nach und nach angegeignet.“

Der Durchbruch kam mit den „Schätzen aus dem Kreml“. Für die Ausstellung, die Hunderttausende von BesucherInnen ins Bremer Überseemuseum zog, entwickelten sie eine Präsentation mit zentraler Steuerung von Licht, Raumtechnik und Spezialeffekten. „Die Zuschauer kamen sich vor wie im Schatzsaal Peters des Großen“, sagt Helma Schröder. „Das kam an.“

Seitdem sind Shows und Vorführungen für Museen ein Schwerpunkt der Neustädter Firma: Dem Focke Museum haben die Schröders neun Diaprojektoren für ‚Softedge-Technik‘ geliefert. Die Panorama-Dia-Show mit ineinander fließenden Bildern beeindruckt. Im historischen Museum der Stadt Verden, dem Domherrenhaus, steht eine Schrödersche Ton-Licht-Inszenierung zum Thema „Altes Handwerk“. Per Knopfdruck aktivieren BesucherInnen längst ausgestorbene Handwerksberufe. Auf Knopfdruck sieht der Zuschauer einer Zunftversammlung zu und beobachtet dann, wie eine Gruppe von Handwerksgesellen auf die Walz geht. Mit Ton- und Lichteffekten lernen die Bilder quasi laufen – so dass nicht mehr nur der Museumsbesucher zwischen Ausstellungsstücken umherwandert. Nebenan gibt es eine interaktive Computerpräsentation zum Thema Handwerk. Per Trackball, einer Art Maus, kann man Infos über Zünfte, untergegangene und „ehrlose“ Handwerke abrufen: Bilder von Scharfrichtern und „Schankdirnen“.

„Die Leute kommen nur, wenn sie im Museum was erleben können, wenn sie unterhalten werden“, sagt Helma Schröder. Zusatzinformationen am PC-Terminal rufen sich vor allem Individualisten ab, die gerne allein durch Ausstellungen schlendern, erklärt Helma Schröder – die schon ein zweites Standbein für die Firma entwickelt hat. Die Schröders entwerfen auch Konzepte von Messe-Videos und Multimediashows für Bremer Unternehmen wie das Astrium. Denn die Budgets der Museen schrumpfen, und ein kurzes Video mit einfacher Technik kostet bei Schröders ab 5.000 Euro, sehr aufwändige Installationen mit teurer Ausstattung können 100.000 Euro oder mehr kosten.

Vor kurzem erst haben Schröders einen erfolgreichen Image-Film für den Bremer Flughafen „abgedreht“. Neue Aufgaben und die unsichere Konjunktur erfordern Flexibilität, Know-How und Erfindungsreichtum. Sehnt sich Ex-Lehrerin Schröder da eigentlich manchmal in die Schule zurück? „Nein“, sagt sie und guckt etwas überrascht, „eigentlich nie“. Katharina Müller