Lafontaine war zu vertrauensselig

betr.: „140 Jahre SPD: Feiern ohne Lafontaine – König von Dudweiler“, taz vom 23. 5. 03

Jens König versucht Lafontaines Stalin-Trotzki-Vergleich mit einem Hinweis auf den heute fehlenden Gebrauch von Eispickeln zu entschärfen. Ich bin durch die Peking Rundschau in den 1970er-Jahren erstmalig auf das Wegretuschieren von innerparteilichen Gegnern aufmerksam geworden. In China waren keine Eispickel im Spiel. Die Zensur der SPD-Spitze erinnert auch ohne Einsatz dieser Mordinstrumente an Methoden kommunistischer Politbüros.

König versucht Lafontaine nicht zum ersten Mal in den Keller zu schreiben. Spielt er in der taz den Part, den früher Bodo Hombach gegenüber den Medien für Schröder wahrgenommen hat? Lafontaine hat 1998 den großen Fehler gemacht, vertrauensselig in Schröders Kabinett einzutreten. Schon damals zeichnete sich ab, dass der neoliberale Kurs des Kanzlers die Reichen nur reicher machen, die wachsende Arbeitslosigkeit nicht umkehren und SPD-Wähler vergraulen würde. Diese Erkenntnis greift sukzessive bei vielen SPD-Mitgliedern.

Hätte Lafontaine 1998/99 seine berechtigte Kritik in der Partei offensiv vertreten, wäre ihm Spaltung angekreidet worden, nicht zuletzt, weil man gerade wieder in die Regierungsverantwortung zurückgekehrt war. Schröder hat inzwischen seine Chance gehabt und ist mit seiner Politik gescheitert. Die Zeit ist reif, endlich den Versuch mit Lafontaines Konzepten zu wagen, zusammen mit Oskar, versteht sich. KRISTAN KOSSACK, Minden

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