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Ernste Worte verkommen zur Animation

Günter Krämer inszeniert Peter Ruzickas „Celan“ in der Kölner Oper. Dabei entschärft er die musiktheatralische Annäherung an den Holocaust am Beispiel des Dichters Paul Celan mit Pädagogik, Leuchtreklame und Kürzungen

Anfang 2001 präsentierte Peter Ruzicka, künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele, nach mehr als 20 Jahren Vorarbeit sein Musiktheater-Projekt „Celan“ in Dresden. Den Text hatte der Berliner Staatsopernintendant Peter Mussbach verfasst. Hochrangiger konnte ein Unternehmen kaum konzipiert werden. Nach der Uraufführung kam das Stück mit einer beeindruckenden Bühneninstallation von Gottfried Pilz auch in Mainz heraus. Und nun, zum Dritten, in der Kölner Oper: Am Samstag war Premiere.

Ein brisanter Stoff: Es geht um die vom Holocaust beschädigte Biographie des Dichters Paul Celan (1920-1970) aus Tschernowitz/Ukraine. Ruzicka hatte ihn vor dessen Selbstmord in Paris noch persönlich kennen gelernt und sich seither mit einer grundsätzlichen musikdramatischen Arbeit zu diesem Künstler beschäftigt. In ihr spiegeln sich zwangsläufig die Fragen von Judenhass, Judenvernichtung und jüdischen Phobien.

Peter Mussbachs Libretto trägt den besonderen Schwierigkeiten des Themas durch das Fragmentarische der Szenen Rechnung. Der unsägliche Hintergrund des Leidensdrucks erscheint als Hohlstelle im Zentrum des Werks: Ein Kapitel mit dem Titel „Das Grauen“ bleibt ohne Text – es „spricht“ allein die Musik. Ruzicka erfüllt diese zentrale Position mit einem großen Chor, aus dem nur ein Wort aufragt: Jerusalem. Im übrigen ist die mit vielen Unterbrechungen entstandene Partitur uneinheitlich. Es wechseln Schreckmomente und ausladend ruhige Melodien, Klangfiguren an der Grenze des Verstummens und Trommelwirbel wie Wasserstrudel.

Die neue Kölner Inszenierung, die Ruzicka selber dirigierte, erscheint aus mehreren Gründen misslungen. Obwohl das fragmentarische Libretto absichtsvoll auf Zitate aus Celans Dichtung verzichtete, komponierte der frühere Kölner Generalintendant Günter Krämer diese nun nachträglich ein. Leuchtschrift auf drei senkrechten Säulen dominiert die Inszenierung. Zuerst ruhig stehend Adornos apodiktischer Satz (der Celan so quälte): „Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“. Dann die Wörter der „Todesfuge“, die sich als Laufbänder in Bewegung setzen und immer wieder den Tod als deutschen Meister in Erinnerung bringen. So wurde das ernstere Wort zwar Licht, verkam aber zum belebenden Element der Animation.

Die konkreten Stationen der Celan-Biographie aber – die Metro-Station in Paris, der deutsche Wartesaal oder das Bukarester Kaffeehaus – wurden weggekürzt. Das Einheitsbühnenbild entschärft das Werk, das der Regisseur in pädagogischer Absicht wohl pointieren wollte. Zum quälend langen Finale senkt sich die Bühnendecke unerbittlich herab, begräbt alle Sänger unter sich. Da scheint es, als werde der Zeigefinger noch einmal besonders hoch gehoben.

Frieder Reininghaus

Weitere Aufführungen: 6., 11., 17. und 23.4.; 2., 7., 13., 15.5., jeweils 19.30 Uhr, Einführung 19 Uhr, Oper Köln, Tel. 0221/2212-8400

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