Festnahmen bei Paris

Die französische Polizei verhaftet 15 radikale Islamisten im Zusammenhang mit den Anschlägen von Casablanca. Neue Anschlagsdrohungen in Spanien

VON REINER WANDLER

Die Bewohner von Mantes-La-Jolie und Aulnay-sous-Bois, zwei Orten in der Region Paris, wurden gestern von Polizeisirenen geweckt. Die französische politische Polizei (DST) nahm in Zusammenarbeit mit den Eliteeinheiten (Riad) neun Männer und sechs Frauen fest. Ihnen wird vorgeworfen, den Islamischen Marokkanischen Kampfgruppen (IMK) anzugehören oder zumindest Kontakte zu ihnen zu unterhalten. Die radikale Organisation soll sowohl für die Anschläge am 16. Mai 2003 in Casablanca – 45 Tote – als auch für die Bomben auf die Pendlerzüge von Madrid am 11. März diesen Jahres – 191 Tote – verantwortlich sein. Die Razzia von Paris steht im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen des Tods von drei französischen Bürgern bei den Anschlägen von Casablanca.

Die IMK, die von Anfang an enge Verbindungen mit al-Qaida unterhielt, wurde Ende der 90er-Jahre von ehemaligen marokkanischen Afghanistankämpfern gegründet. Sie ist in mehreren Ländern Europas präsent, neben Frankreich und Spanien auch in Italien und Belgien, wo es in den vergangenen Tagen ebenfalls zu Festnahmen kam.

Auch in Spanien führen immer neue Spuren zur IMK. Die Gruppe von Madrid unterhielt viele Verbindungen zu der von Casablanca. Dschamal Sugam, einer der ersten Verhafteten, kannte mehrere Attentäter von Casablanca persönlich. Und auch der Chef der Gruppe, der Tunesier Serhane Ben Abdelmadschid Farkhet, unterhielt enge Bande mit der IMK. Er war mit der 16-jährigen Schwester eines der verurteilten Attentäter von Casablanca verheiratet.

In Leganés, dem Vorort im Süden Madrids, an dem sich Abdelmadschid und mit ihm der harte Kern der Attentäter am Samstagabend in einer Wohnung in die Luft sprengten, gehen derweilen die Aufräumarbeiten weiter. Bei der Explosion starben nicht, wie zuerst angenommen, vier Islamisten, sondern fünf. Die Polizei vermutet, dass es sich bei dem zuletzt gefundenen Leichnam um den Marokkaner Dschamal Ahmidan alias „der Chinese“ handelt, einen engen Vertrauten Abdelmadschids. Mindestens einem Terroristen soll die Flucht gelungen sein. Zwei weitere Verdächtige wurden bereits am Samstag festgenommen, wie die Polizei gestern mitteilte.

In der Wohnung in Leganés waren 200 Zünder sowie mehrere Waffen und mindestens 32 Kilo Sprengstoff gelagert. 20 Kilo verursachten die Explosion vom Samstag. Mit den restlichen zwölf Kilo hatten die Terroristen einen Sprenggürtel sowie zwei Rucksackbomben vorbereitet. Vermutlich sollten sie in der Osterwoche zum Einsatz kommen.

Die spanische Tageszeitung ABC veröffentlichte gestern ein Fax, das am Samstag kurz vor der Polizeiaktion in Leganés bei der Redaktion eingegangen war. Falls Spanien nicht innerhalb von 24 Stunden die Truppen aus dem Irak und aus Afghanistan abziehe, „werden wir euer Land in ein Inferno verwandeln“, droht darin „der Europasprecher von al-Qaida“, der sich bereits auf einem Video zu den Anschlägen vom 11. März bekannt hatte.