Allein unter Männern

Soviel zur Gleichberechtigung im Jahr 2003: Die Koalitionsverhandlungen werden ab heute von 14 Männern geführt – und einer Frau: Staatsrätin Motschmann

taz ■ Sie wird es gewohnt sein. Elisabeth Motschmann (CDU), für Kultur zuständige Staatsrätin, wird das Gefühl kennen, einzige Frau in Männerrunden zu sein. Doch heute nimmt eine Runde ihre Arbeit auf, die die Zukunft des Landes im Rahmen des noch Möglichen gestalten soll. Und Elisabeth Motschmann ist einmal mehr die einzige Frau. Zwischen 14 – in Worten: vierzehn! – Männern.

Heute beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU. Und während die CDU neben Finanzsenator Hartmut Perschau, CDU-Landeschef Bernd Neumann, Fraktionschef Jens Eckhoff, den Bürgerschaftsabgeordneten Wolfgang Schrörs, Helmut Pflugradt, Michael Teiser und Thomas Röwekamp mit Staatsrätin Motschmann die einzige Frau des Tages stellt, hat die Bremer Sozialdemokratie nur Herren aufzubieten: Bürgermeister Henning Scherf, Landeschef Detlev Albers, sein Vize Uwe Mögling, Fraktionschef Jens Böhrnsen und die drei SPD-Unterbezirksvorsitzenden Wolfgang Grotheer, Max Liess und Siegfried Breuer. Ein Armutszeugnis?

„Och“, sagt die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Barbara Wulff, „wir haben ja mit Jens Böhrnsen einen frauenpolitischen Teil vereinbart.“ Der werde sich im Koalitionsvertragwiederfinden, verspricht Wulff: „Da werden wir auf die Männer einwirken.“

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Martin Prange spricht von einem „Automatismus, der in dieser verschärften Form eine Schwäche aufdeckt.“ Denn die Spitzen der Partei gehören automatisch zur Verhandlungskommission, und dass diese Spitzen nur männlich sind, stellt ergo die Schwäche dar.

CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff sieht das ähnlich. „Da kann ich wenig für“, sagt er angesichts der Frauenarmut in seiner Verhandlungstruppe. Und auf die Frage, wo denn hier die „starken Frauen“ seien, mit denen die Union im Wahlkampf geworben hatte, erklärt auch er, dass nunmal die – männlich dominierten – Spitzen der Partei die Verhandlungen führen. Eckhoff weiter: „Das sieht das nächste Mal bestimmt anders aus.“ Zudem gebe es Arbeitsgruppen, die die Details des Vertrags aushandelten, und da seien garantiert Frauen dabei.

Im höchsten Gremium aber ruht einstweilen die Last frauenpolitischer Verantwortung allein auf Elisabeth Motschmann. „Aber“, sagt SPD-Mann Prange, „wir haben ja noch einen Platz frei – die CDU schickt ja acht Leute ins Rennen.“ Die SPD hat bisher sieben Männer nominiert, und Prange lässt offen, ob und wie ein achter Platz besetzt werde. Vielleicht doch noch mit einer Frau. Denn dass Elisabeth Motschmann Frauenbelange offensiv vertreten wird, glaubt die SPD nicht. Barbara Wulff: „Auf die kann man da bestimmt nicht zählen.“ sgi