Gegen Mugabe hilft nur noch beten

Heute sollen in Simbabwe nach dem Willen der Opposition die bisher größten Massenproteste gegen die Regierung von Präsident Robert Mugabe beginnen. Für die Bevölkerung ist die Hauptsorge, jeden Tag wenigstens einmal essen zu können

aus Harare GODFREY KARORO

Simbabwes Oppositionspartei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) ruft ab heute zu einem einwöchigen Generalstreik auf, um den Bürgern die Teilnahme an Gebeten und Demonstrationen zu ermöglichen. Die Proteste sollten weitergehen, bis Präsident Robert Mugabe „ein klares Zeichen gibt, dass er bereit ist, die Macht abzugeben“, sagte ein MDC-Sprecher. Noch nie hat Simbabwes Opposition zu so langen Protesten aufgerufen. Sie kommen zu einer Zeit, in der der Zusammenbruch der simbabwischen Wirtschaft immer offensichtlicher wird. Nach UN-Untersuchungen hat der Nahrungsmittelkonsum von Simbabwes Stadtbevölkerung im Laufe des vergangenes Jahres stark abgenommen, und die meisten Menschen essen höchstens noch einmal am Tag.

Grundnahrungsmittel sind kaum noch in den Läden zu finden – wenn es überhaupt noch Läden gibt: Viele Lebensmittelgeschäfte in Harare sind pleite gegangen, weil sie nichts mehr zu verkaufen haben. Die durchschnittlichen Lebensmittelpreise haben sich seit Januar verfünffacht. Die offizielle Inflationsrate liegt derzeit bei 269 Prozent. Dazu kommt eine Arbeitslosenrate von 70 Prozent. Dass die Regierung kürzlich den gesetzlichen Mindestlohn verdoppelte, macht da wenig Unterschied.

Grund für die Lebensmittelkrise ist die Zerstörung der kommerziellen Landwirtschaft. Anstelle einer Umverteilung von Großgrundbesitz der Weißen an landlose Schwarze, wurde Land beschlagnahmt – zugunsten von Mugabes Parteigängern als Belohnung für ihre Loyalität. Von 4.137 kommerziellen Farmen waren im vergangenen Februar noch 453 produktiv. Simbabwe hatte früher eine der modernsten Landwirtschaften Afrikas – heute ist sogar Saatgut knapp.

Nach Angaben der CFU (Commercial Farmers Union), Dachverband der weißen Farmer in Simbabwe, ist die Maisernte auf kommerziellen Farmen von 810.000 Tonnen im Jahr 2000 auf 80.000 dieses Jahr gefallen. Die von Soya sank von 162.000 auf 30.000 Tonnen, die für Fleischexport nutzbare Rinderherde ist von 436.000 auf unter 200.000 zurückgegangen. Die Regierung beziffert jedoch für 2003 die Maisernte auf 1,3 Millionen Tonnen – der Gesamtbedarf des Landes liegt bei jährlich 1,8 Millionen Tonnen.

Der Unterschied zu den Zahlen der CFU hat zum einen mit der Einbeziehung der schwarzen Kleinbauern zu tun. Um deren Lebensmittelproduktion anzukurbeln, hat die Regierung 2003 den staatlichen Ankaufspreis für Mais fünfmal so hoch angesetzt wie den Weiterverkaufspreis an die Mühlbetriebe, die aus dem Mais Maismehl herstellen – ein automatisches Verlustgeschäft, für dessen Deckung kein Geld da ist. Zugleich führte sie das staatliche Monopol zum Verkauf von Mais und Weizen wieder ein und verbot die Lieferung von Mais aus einem Distrikt in einen anderen ohne amtliche Genehmigung. Aber viele Bauern wollen ihr Produkt nicht der staatlichen Getreidebehörde verkaufen – aus Angst, danach selbst ohne Nahrungsmittel dazustehen.

Die Regierung hat außerdem verfügt, dass keine Ernteangaben ohne amtliche Erlaubnis veröffentlicht werden dürfen. Nach vorläufigen Schätzungen der in Harare ansässigen Lebensmittelbehörde der südafrikanischen Regionalorganisation SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) dürfte die gesamte Getreidepoduktion dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr etwas gestiegen sein. Hilfswerke schätzen aber, dass auch bei einer guten Ernte 40 Prozent des Lebensmittelbedarfs von Simbabwe in diesem Jahr von humanitärer Hilfe gedeckt werden muss.

Anfang 2003 waren 8 Millionen der 13 Millionen Einwohner auf Lebensmittelverteilungen angewiesen. Die Lebensmittelverteilungen internationaler Organisationen haben unzähligen Menschen das Leben gerettet, aber die meisten von ihnen sind im Mai ausgelaufen. Der simbabwische Ökonom John Robertson schätzt, dass die Eigenproduktion des Landes noch bis August reicht. Spätestens dann sei die nächste massive Hilfsaktion fällig.