Hummel unterm Hintern

Variable Sitzfläche für buten un binnen – ein Hamburger Original will sich jetzt auch im privaten Heim breit machen

Kennen Sie den Hummelstuhl? Nein? Den tiefer gelegten Holzstuhl, der in Hamburger Parks und rund um die Alster zum Verweilen einlädt? Na bitte. Ob im Großstadtrevier oder im Video „Unrockbar“ der Band „Die Ärzte“ – der Hummelstuhl ist prominent und wird gerne ins Rampen- oder Sonnenlicht gerückt.

Vor gut 50 Jahren, 1953, wurde das Parkmöbel anlässlich einer Gartenausstellung kreiert. Vierzig Jahre später ließ sich die Herstellerin „Ökologische Technik e. V.“ den Hummelstuhl patentieren. Und nun, nach weiteren zehn Jahren, kommt er frei verkäuflich in die Möbelhäuser.

Bisher hatte die Stadt Hamburg ein Exklusiverwerbsrecht, denn die „Ökologische Technik e. V.“ ist eine Trägerin für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), die keine Gewinne erzielen darf. Seit 1989 soll der Betrieb, der unter anderem auch Produkte wie Photovoltaik, Solarthermie- und Wasserkraftanlagen herstellt, langzeitarbeitslose FacharbeiterInnen wieder in den allgemeinen Arbeitsmarkt integrieren.

Jedoch: „ABM-Maßnahmen sind unmodern geworden“, schimpft Geschäftsführer Holger Dohnt. Die Zuschüsse sind beinahe auf ein Drittel zusammengeschrumpft. Dohnt sah sich zu massiven Einsparungen gezwungen: „Das war paradox: Ich musste 30 Prozent des Stammpersonals entlassen, obwohl wir doch eigentlich Arbeitslose eingliedern.“

Als Retter aus finanzieller Not könnte sich nun der Hummelstuhl erweisen. Viele Hamburger wollten das Parkmöbel bereits kaufen. Das ist zwar nicht rein ökologisch – die verwendeten Lacke werden nicht nach diesen strengen Kriterien ausgesucht –, aber, wie Thomas Kühne, Redaktionsleiter beim NDR, begeistert sagt: „Ein echter Hingucker und verdammt bequem.“ So kam Dohnt auf die Idee, in seinem Betrieb einen zusätzlichen wirtschaftlichen Teil einzurichten, in dem freie Tischler den Stuhl für den Privatgebrauch herstellen. Dohnt bitter: „Ich muss auf den privaten Markt, um eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen.“

Jetzt kann der Hummelstuhl in Möbelhaus und Internet (www.hummelstuhl.de) zum stolzen Preis von 449 Euro für das Grundmodell den Besitzer wechseln. Für Balkon, Terrasse oder Wohnzimmer, mit Polster oder Beistelltisch, in knalligem Rot-Schwarz oder schlichter Naturfarbe – der Hummelstuhl ist in allen Ausführungen „bequem, robust und verdammt sexy“. Findet zumindest Marketing-Profi Peter Strauss von der „Ökologischen Technik“, der sein nach dem berühmten Wasserträger benanntes Produkt als ein Wahrzeichen Hamburgs neben Michel und Alster sieht. Na dann: Hummel unterm Mors ! Annika Noffke