Rechtsradikale Übergriffe in Lüdenscheid

Stadt, Politiker und Linke streiten über die rechte Gabba-Szene in Lüdenscheid. Sie verbreite Angst bei Ausländern und Menschen mit politisch missliebiger Einstellung. Vertreter der Kommune bestreiten die Existenz einer Szene

LÜDENSCHEID taz ■ In Lüdenscheid klagen linke Jugendliche zunehmend über gewalttätige Angriffe von rechtsradikalen Gabbas. Die Stadt bestreitet die Existenz einer rechten Gabba-Szene. Bürgermeister Friedrich Karl Schmidt (CDU) und das örtliche Bündnis für Toleranz und Zivilcourage und die Linken sind uneins.

„In den letzten Monaten sind etliche Jugendliche zu mir gekommen, die von rechten Gabbas angepöbelt und angegriffen worden sind“, sagt Elke Teipel, die für die SPD im Stadtrat sitzt. Zwei seien sogar mit Messern bedroht worden. Deshalb stellte Teipel Ende Februar im Rat die Anfrage, ob es Erkenntnisse über die Gabba-Szene und einen rechtsradikalen Hintergrund der Übergriffe gäbe. Wolff-Dieter Theissen, Beigeordneter für Sicherheit der Stadt Lüdenscheid, bestritt die Existenz einer Szene. Auch gebe es keine Erkenntnisse über Gewalttaten rechtsradikaler Jugendlicher.

Elke Teipels Sohn, Henning Teipel ist bei den Jusos engagiert und selbst Opfer: „Auf einem Konzert wurden wir mit Bierflaschen beworfen. Türkische Freunde von mir werden regelmäßig rassistisch beschimpft und ein Freund wurde vor kurzem verprügelt.“ Dabei würden sich Gabbas und Rechtsextreme zu einer Szene vermischen. Bürgermeister Schmidt lud jugendliche Opfer von Gewalttaten zum Gespräch ein, doch die Jusos zeigen sich unzufrieden: „Sie haben sich unsere Schilderung der Vorfälle angehört, uns dann aber damit abgespeist, man solle bei Übergriffen Anzeige erstatten“, sagt Teipel. Eine gefährliche Gabba-Szene sieht der Beigeordnete Theissen auch heute nicht und will von Übergriffen in der letzten Zeit nichts gehört haben. Elke Teipel glaubt, dass viele Jugendliche sich nicht der Polizei anvertrauen, aus der Angst, Opfer weiterer Gewalttaten zu werden: „Deshalb muss die Stadt Flagge zeigen.“ Theissen sieht jedoch keinen Handlungsbedarf, „solange der innerstädtische Frieden nicht gestört ist.“

Ein anderes Mitglied des Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage neben Bürgermeister Schmidt, Bernd Benscheidt ist anderer Meinung: „Die Gabber-Szene ist eine ernsthafte Bedrohung.“ Sie verbreite Angst bei Ausländern, alten Leuten und Menschen mit politisch anderer Einstellung. Doch nicht nur Bürgermeister und Bündnis sind uneins: Am Samstag demonstrierten die Lüdenscheider Antifa gegen neonazistische Übergriffe. Henning Teipel wollte nicht hingehen: „Die Jusos sind dort nicht gern gesehen.“ TIMO NOWACK