Der eigene Hauptdarsteller im inneren Film

IPAS-Institut in Lüneburg hilft Opfern von Gewalt und Traumata. Das Erlebte wird als „Action-Movie“ noch mal vor dem eigenen Auge abgespielt

Lüneburg taz ■ Ein Erlebnis auf einem Betriebsausflug sollte das Leben von Monika S. für immer verändern. Drei Tage wollte sie sich mit Kollegen dem Motto „Team-Entwicklung durch Abenteuer“ in den Alpen stellen. Und obwohl Monika S. eine schlechte Schwimmerin ist, nahm sie auch an der Wildwassertour in Schlauchbooten teil.

Im Neoprenanzug, mit Schwimmweste und Helm fühlte sie sich sicher – so sicher, dass sie sich auch einer „Mutprobe“ stellte: Sprung von einem Felsen aus fünf Metern Höhe in das Flussbecken. Als sie aus dem Wasser wieder auftauchte, wurde sie von der Strömung erfasst und geriet in den unbezwingbaren Sog der Wellen. Nach fünfzehn Minuten Überlebenskampf wurde Monika S. aus dem Wasser gezogen. Das Erlebte arbeitete in ihrem Unterbewusstsein weiter: Monatelang litt sie unter Schlafstörungen und Brechreiz, konnte sich kaum konzentrieren, wurde arbeitsunfähig.

„Obwohl Opfer von Naturkatastrophen, Gewalteinwirkungen jeder Art oder Verkehrsunfällen häufig unter einer schweren Traumatisierung leiden, werden die Symptome häufig nicht als solche erkannt und von Ärzten falsch behandelt“, warnt der Systemtherapeut und Autor Horst Kraemer. „Werden ihre Leiden dazu noch von ihrem Umfeld bagatellisiert, kann das zu Persönlichkeitsstörungen führen, die das ganze restliche Leben beeinträchtigen.“

Seit 1998 leitet Kraemer mit Ärzten und Psychologen das IPAS-Institut in Will bei Zürich, in dem nicht nur Betroffene behandelt, sondern auch Psychologen und Therapeuten zu Traumata-Experten ausgebildet werden. Nun hat IPAS auch eine Niederlassung in Lüneburg eröffnet. Dort finden zunächst Einführungswochenenden statt, das nächste Mal am 20. und 21. April, und am 5. Mai startet dort die dreijährige Ausbildung zum „Gewalt-und-Krisen-Coach“ – ein Titel, den man nur im Rahmen eines IPAS-Instituts erwerben kann. In Hamburg wird Kraemer am 19. April im Hamburger Fortbildungs-Institut Drogen und Aids sein Programm vorstellen.

Ein Unterrichtselement ist dabei die von Kraemer entwickelte „Neuimagination“ – die Arbeit mit inneren Bildern: Der Klient schließt die Augen und lässt eine Situation wie einen Film vor seinem inneren Auge ablaufen. Währenddessen beobachtet der Therapeut seine Gefühlsregungen anhand der Körperreaktionen. Wenn er es für nötig hält, unterbricht er den Ablauf, um Übungen wie die „Rechts-Links-Stimulation“ durchzuführen, die sehr effektiv beide Gehirnhälften stimuliert. Wenn diese Technik im Rahmen von Einzel- oder Gruppensitzungen eingeübt wurde, kann der Klient seine Übungen auch allein machen.

Auch Monika S. ließ der Therapeut ihren inneren Action-Movie abspielen. Gemeinsam durchlebten sie Monikas Hilflosigkeit in den tosenden Fluten, bis ihr Atem nicht mehr stockte und ihr Puls sich beruhigte. Jetzt spukt der „Horrorstreifen“ nicht mehr in ihrem Kopf, sondern steht gut verpackt in einer „Filmdose“ im Regal. INA FREIWALD

Kontakt: IPAS Institut Tel. 04131/269063; ipas-lueneburg@t-online.de; www.ipas-institut.de