Expressiver Oberon

Der Theaterpreis „GoldenHans“ zeichnet am Sonntag im Thalia erstmals behinderte DarstellerInnen aus

„Wir waren überrascht über so viele Nominierungen. Aus der ganzen Bundesrepublik und der Schweiz wurden uns DarstellerInnen vorgeschlagen“, berichtet Herbert Enge, Leiter des Thalia Treffpunkts, der theaterpädagogischen Abteilung am Thalia Theater. Anhand eingesandter Videos hat die elfköpfige Jury aus Regisseuren, Schauspielern und Behindertenpädagogen acht PreisträgerInnen ausgesucht.

Am Sonntag werden die Ausgezeichneten ihren „GoldenHans“ in Empfang nehmen und Ausschnitte aus ihrem Bühnenprogramm zeigen. Wie dieser Bühnen-Oscar aussehen wird, das weiß im Moment noch niemand außer dessen GestalterInnen von der Kunstgruppe der Tagesstätte der Initiative „Leben mit Behinderung“.

Diese Organisation hat zusammen mit dem Freundeskreis „Eisenhans – Behinderte spielen Theater“ und dem Thalia Treffpunkt den Preis aus der Taufe gehoben. „Es handelt sich hier um eine rein künstlerische Beurteilung. Wie füllt die Person die Rolle, mit welcher Präsenz und mit welchem Ausdruck“, erklärt Enge. Florian Giese etwa bricht mit seiner preisgekrönten Darstellung des Boss‘ in den Nachtgestalten unter der Regie der Hamburgerin Simone Bauer ein Tabu: Er ist fies und gewalttätig. „Gewalt kommt in Bühnenkunst von Behinderten sonst kaum vor,“ weiß Enge. Es sei jedoch wichtig, diesen sozialpädagogischen Touch der Political Correctness zu brechen für ein Mehr an künstlerischer Entfaltung.

Die beiden Thalia-SchauspielerInnen Anna Blomeier und Thomas Schmauser verleihen den „GoldenHans“ hauptsächlich, aber nicht ausschließlich für Darstellung. Den Wahlstedter Künstler Gerrit Hasirci prämieren sie für seine Kompositionen und Liedtexte, Matthias Hanel aus Schallstadt für seine gebärdensprachliche Interpretation des Oberon in Shakespeares Sommernachtstraum.

Der „GoldenHans“ ist ein undotierter Preis. Über die Ehre hinaus reicht allerdings die künstlerische Patenschaft, die Blomeier und Schmauser übernehmen. „Sie beraten die Preisträger fortan in allen künstlerischen Fragen“, so Enge. Katrin Jäger

Preisverleihung mit Bühnenprogramm: 18. 4., 15 Uhr, Thalia in der Gaußstraße