Wer schwärzte den feinen Herrn Welteke an?

Hans Eichel und sein Imageberater bestreiten heftig, die Adlon-Affäre des Bundesbankpräsidenten ausgelöst zu haben

„Es gab mit Welteke überhaupt keinen Streit um das Gold“, sagt Eichels Berater

BERLIN taz ■ Bisher war Klaus-Peter Schmidt-Deguelle für den guten Ruf von Finanzminister Hans Eichel (SPD) zuständig. Dessen lange Zeit erfolgreich gepflegtes Image als bescheidener Sparstrumpf der Nation geht maßgeblich auf die PR-Arbeit des 53-jährigen Rheinländers zurück. Auch dem früheren Arbeitsminister Walter Riester (SPD) half Schmidt-Deguelle, seine Rentenreform schonend unters Volk zu bringen. Nun muss der umtriebige Medienberater um seinen eigenen Ruf kämpfen. In der Hotelkostenaffäre um Bundesbankpräsident Ernst Welteke (ebenfalls SPD) ist Schmidt-Deguelle selbst zu einer Schlüsselfigur geworden.

Am Wochenende hatte die Welt am Sonntag einen „Thriller“ veröffentlicht, in dem sein Name fiel. Schmidt-Deguelle, so der Tenor, könnte der Informant gewesen sein, der die Presse vor zwei Wochen mit dem folgenreichen Hinweis – und einem schriftlichen Beweis – versorgte, dass Welteke vier lustige Tage um die Jahreswende 2001/2002 auf Kosten der Dresdner Bank im Berliner Luxushotel Adlon verbrachte. Als mögliche Motive für den möglichen Verrat wurden genannt: Schmidt-Deguelles Chef Eichel habe sich mit Welteke zerstritten, unter anderem über den von Eichel gewünschten Verkauf der Goldreserven. Oder: Eichel habe Welteke „zum Abschuss freigegeben“, weil er seinen Job als Finanzminister retten wollte. Schließlich könne man die beiden wichtigsten Finanzposten der Republik nicht auf einmal umbesetzen. Jedenfalls, hieß es in dem „Thriller“, spreche viel dafür, dass Welteke gegangen werden sollte – und Schmidt-Deguelle heimlich als anonymer Anschwärzer tätig wurde.

Eichel und sein Berater dementierten den Bericht gestern, nachdem ihn die Bild-Zeitung in Kurzform nachgedruckt hatte. „Die Unterstellungen und Gerüchte, das Bundesfinanzministerium habe die Demission Weltekes selbst betrieben, sind eine bösartige und abwegige Darstellung“, sagte ein Sprecher des Finanzministers. „Bei der Bewertung des Verhaltens des Bundesbankpräsidenten ging es und geht es ausschließlich um eine Aufklärung der Vorgänge um die Person Weltekes selbst.“

Der Union geht es inzwischen jedoch längst um mehr. Nachdem sich die Regierung ebenso energisch wie erfolglos für einen Rücktritt Weltekes einsetzte, wittert die Opposition bereits ein „deutsches Watergate“ und verlangt eine Befragung Eichels und Schmidt-Deguelles im Haushaltsausschuss.

Schmidt-Deguelle sagte der taz gestern, man greife ihn, den Eichel-Berater, an, „um über mich den Finanzminister anzupinkeln“. Die angeblichen Indizien für seine Mitwirkung an einer Intrige gegen Welteke seien ebenso „frei erfunden“ wie die unterstellten Motive Eichels. „Es gab mit Welteke überhaupt keinen Streit um das Gold“, sagt der Berater. Im Gegenteil. Eichel habe Welteke in dieser Frage sogar als „Helfer“ betrachtet, so Schmidt-Deguelle. Wenn es um seine eigene Rolle geht, wird die Sache etwas komplizierter – was an der Vielfalt seiner Jobs liegt. Schmidt-Deguelle ist freier Medienberater und arbeitet nicht nur für Eichel. Zu seinen Auftraggebern gehören auch die ARD-Talkerin Sabine Christiansen – und die Dresdner Bank.

Es sei richtig, dass er im Vorfeld jener Silvesternacht, die Welteke zum Verhängnis wurde, für den Gastgeber, die Dresdner Bank, „Kontakte zu Fernsehsendern vermittelt“ habe, so Schmidt-Deguelle – aber nur „in Bezug auf die Ausgabe der neuen Euroscheine“. Mit der ominösen Silvesterfeier habe er „nichts zu tun“ gehabt. Geschweige denn mit Weltekes Hotelabrechnung. Die habe er „erst in Form der anonymen Briefe gesehen“. An dem Tag, an dem sie in Berlin eingeworfen wurden, sei er übrigens gar nicht in Berlin gewesen.

„Eine bösartige undabwegige Darstellung“ sagt der Sprecher desFinanzministers

Gegen die „frei erfundenen“ Berichte erwägt Schmidt-Deguelle nun rechtlich vorzugehen. Eindeutig falsch sei etwa die Behauptung, er sei „Mitarbeiter“ der Dresdner Bank gewesen. Er habe lediglich „gelegentlich Pressekontakte vermittelt“. So wie er das oft tut – auch für andere. Normalerweise jedoch mit weniger dramatischen Folgen.

LUKAS WALLRAFF