So macht man sich mitschuldig

betr.: „Die Nazis und der Bayernmythos“, taz vom 22. 12. 08

Ralph Bollmann will zeigen, dass die Strategie der CSU, den rechten Rand zu besetzen, um rechte Wahlerfolge zu verhindern, falsch sei. Man möchte ihm zustimmen. Denn was ist gewonnen, wenn die etablierten Parteien die besseren Rechtsradikalen sind? Eindrucksvoll lässt sich dies im Bereich der menschenverachtenden Asyl- und Einwanderungspolitik sehen, die CDU und CSU 1992/93 mit tätiger Hilfe von Molotowcocktails werfenden Neonazis durchsetzten.

Trotzdem sind einige Argumente von Ralph Bollmann zweifelhaft. So schreibt er: „Auch außerhalb Bayerns gelang den Rechtsradikalen schon seit Jahren nicht mehr der Sprung in ein westdeutsches Landesparlament, ganz gleich welchen Kurs die CDU dort fuhr. Nicht einmal in Hamburg, wo sich die CDU schon im Wahlkampf den Grünen zuwandte.“ 2001 erhielt der Rechtspopulist Ronald Schill in Hamburg 19,4 Prozent der Stimmen. Er regierte dann mit Ole von Beust (CDU) gemeinsam die Hansestadt. Insofern taugt Hamburg auch kaum als Beispiel für eine besonders liberale CDU. Dass die extrem Rechten derzeit nicht in der Hamburger Bürgerschaft sitzen, liegt nur an ihrem unfähigen Personal.

Aber aus den Pogromen von 92/93 und dem Wahlerfolg Schills 2001 lassen sich Lehren ziehen, was man auf keinen Fall machen sollte. Die SPD ließ sich in beiden Fällen von den Rechten vor sich hertreiben und beteiligte sich schließlich an den Angriffen auf die Menschenrechte. Sie stimmte während des Pogroms von Rostock der faktischen Abschaffung des Asylrechtes zu, und im Hamburger Schill-Wahlkampf führte sie den sogenannten Brechmitteleinsatz ein, der später – nach mehreren Todesopfern – als Folter gebrandmarkt wurde. So macht man sich mitschuldig. Eine wirksame Strategie gegen die Rechten muss ihre Ideen und ihre politischen Träger als das ächten, was sie sind: verbrecherisch. JOHANN KNIGGE, Kiel

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.