Allein im Dschungel der Krankenkassentarife

Selbständige müssen sich für Bezug von Krankengeld im kommenden Jahr extra absichern. Wahltarife noch unklar

BERLIN taz ■ Zügig im neuen Jahr will die Koalition ein umstrittenes Detail der Gesundheitsreform nachbessern. Doch zunächst lässt sie es zum 1. Januar in Kraft treten: Es geht um Krankengeld für Selbständige, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind – knapp 1,5 Millionen Menschen in Deutschland. Nicht alle von ihnen haben aktuell Anspruch auf Krankengeld. Aber wenn sie ihn haben, verlieren sie ihn zum Jahreswechsel – es sei denn, sie schließen einen Wahltarif oder eine private Zusatzversicherung ab.

Betroffen sind auch rund 140.000 Künstler und Publizisten in der Künstlersozialkasse. Sie müssen Wahltarife abschließen, wenn sie Krankengeld vor der siebten Krankheitswoche beziehen wollen. Bisher konnten sie dies ganz einfach gegen einen prozentualen Aufschlug auf den Kassenbeitrag absichern.

Ein Problem der neuen Regeln: Mit einem Wahltarif bindet man sich für drei Jahre an eine Kasse. Das ist lang, denn schließlich kann der Versicherungsnehmer nicht wissen, ob seine Kasse unter den Bedingungen des Gesundheitsfonds bald den Service zusammenstreicht oder einen Zusatzbeitrag erheben wird und sich daher der Wechsel zu einer anderen Kasse lohnen würde.

Obwohl theoretisch alle gesetzlichen Kassen verpflichtet sind, Krankengeld-Wahltarife in verschiedenen Varianten anzubieten, tun sie das nur zögerlich. Einige Wahltarife wurden gerade erst veröffentlicht. Bei anderen Kassen fehlen sie offenbar komplett. Und einige Wahltarife sind deutlich teurer als die bisherigen Absicherungsmöglichkeiten.

„Die Betroffenen sind verunsichert“, sagt Veronika Mirschel vom Referat Selbständige der Gewerkschaft Ver.di. Häufig hätten sie nicht viel Geld. „Zum Teil sind die Wahltarife einfach nicht leistbar.“

Nicht nur die absoluten Preise klaffen auseinander – auch das Kleingedruckte hat seine Tücken. „Preisunterschiede richten sich nach dem Alter des Versicherten – aber auch danach, in welcher Höhe, ab dem wievielten Tag und vor allem für wie lang das Krankengeld gezahlt wird“, sagt Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen. „Das übersieht man leicht.“ Es gibt Angebote, bei denen die Zahlungen zwar schon nach zwei Wochen Krankheit einsetzen – aber auf knapp drei Monate innerhalb von drei Jahren begrenzt sind. Das kann schnell ausgeschöpft sein. Vergleichende Beratungsangebote fehlen. Finanztest-Ergebnisse etwa liegen noch nicht vor.

Doch eine Lösung steht in Aussicht. Die Union habe die Bindungsfristen der Wahltarife nicht lockern wollen, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Carola Riemann. Aber die Koalitionsfraktionen hätten sich auf eine zusätzliche Möglichkeit geeinigt: Statt eines abgesenkten Kassenbeitrags von 14,9 % (ohne Krankengeld) sollen Selbstständige 15,5% zahlen können und so Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche erwerben. Die lange Kassenbindung entfiele dann. „Wahrscheinlich wird es einen Kabinettsbeschluss Anfang Februar geben“, sagte Reimann. Einiges müsse dann rückwirkend gelten.

KATJA SCHMIDT