Wirren bei den Wiwis

Akademische Intrige an der Bremer Universität: Per anonymer E-Mail wurden zwei Professoren mit Vorwürfen überzogen. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verleumdung von Amtsträgern

taz ■ Franz Jürgen Marx ging erschrocken auf Tauchstation. Als die taz ihn telefonisch wegen eines Offenen Briefes von Ökonomen zur Agenda 2010 befragen wollte, den Marx mit unterzeichnet hatte, reagierte der Bremer Universitätsprofessor unwirsch und einsilbig: „Rufen Sie die Pressestelle an, dort kennt man alle Fakten.“ Das Problem: Der Lehrstuhlinhaber für betriebliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung dachte, er solle sich zu einer ganz anderen, sehr heiklen Geschichte äußern, die derzeit am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften für Unruhe sorgt.

Marx und der Finanzwirtschaftsprofessor Thorsten Poddig sehen sich Anschuldigungen ausgesetzt, die über anonyme E-Mails öffentlich verbreitet wurden. Die Absender der beiden Mails sind den realen Namen zweier Studentinnen sehr ähnlich, die eine Wiwi-Klausur bei Marx und Poddig nicht bestanden hatten. Beide Frauen sollen jedoch der Rechtsstelle der Uni gegenüber empört zu Protokoll gegeben haben, sich nie beschwert zu haben. „Die sind stinksauer“, sagt Uni-Pressesprecherin Winnie Abraham.

Der Vorwurf des Mail-Anonymus: Marx und Poddig hätten im Jahr 2002 die Viert-Semester-Klausuren im Fach „Finanzwirtschaft und betriebliche Steuerlehre“ zu früh abgebrochen und hinterher keine Einsicht in die korrigierten Arbeiten gewährt. Außerdem enthielt die elektronische Post einen Link zu einer Homepage: Auf dieser sei ein Schmäh-Artikel über die beiden Professoren zu lesen gewesen, der mit dem Pseudonym „Tanja Till“ unterzeichnet gewesen sei.

Die Universität reagierte, indem sie Strafanzeige gegen Unbekannt stellte: Es sei „verleumdend und diffamierend“ versucht worden, „diese beiden Personen fertigzumachen“, so Abraham. Poddig, der derzeit auch Dekan des Fachbereichs ist, spricht von „haltlosen Vorwürfen“ und von „Verleumdung“. Ansonsten ist er derzeit ebensowenig wie Marx bereit, sich zu der Angelegenheit zu äußern. Mittlerweile ermittelt laut Abraham die Bremer Staatsanwaltschaft wegen „Beleidigung und Verleumdung von Amtsträgern“. Es gebe bereits einen Verdacht gegen eine bestimmte Person. Wie aus universitären Kreisen zu erfahren ist, stammt diese „nicht aus dem studentischen, aber aus dem akademischen Milieu“. Es wird gemunkelt, dass es sich um einen Ex-Mitarbeiter eines der beiden Lehrstuhl-Inhalber handelt, der „gegangen worden ist“.

Unter den Wiwi-Studenten gelten die Professores Poddig und Marx zwar als „harte Hunde“. Allerdings wird stark bezweifelt, dass es etwa bei der Prüfungszeit nicht korrekt zugegangen sei. „Wenn die wirklich zu kurz gewesen wäre, hätten doch danach zwanzig Leute auf der Matte gestanden.“ Markus Jox