Nachgefragt
: Koalition inszeniert Selbstfesselung

„Falsche Schwerpunkte“

Bei den Koalitonsverhandlungen haben CDU und SPD beschlossen, in Zukunft ein bißchen kleinere Brötchen zu backen. Neben den regelmäßgen Ausgaben sollen angesichts knapper Mittel auch die Investitionsprojekte auf den wirtschaftlichen Prüfstand. Wir fragten die grüne Wirtschaftsexpertin Helga Trüpel, welche Folgen diese Entscheidung für Bremen haben könnte.

taz: Abschied von Großprojekten – hören Sie das gerne?Helga Trüpel: Es klingt fast wie die grüne Kehrtwende der Regierungspolitik. Das, was wir immer verlangt haben, nämlich dass die Projekte seriös und durch externe Gutachter geprüft werden, soll jetzt endlich passieren. Es soll eine vernünftige Kosten-Nutzen-Rechnung geben. Nicht zuletzt soll auch die Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) sparen, genau wie Kultureinrichtungen. Das finde ich mehr als richtig. Wermutstropfen ist das Containerterminal in Bremerhaven CT IV. Ich halte nichts davon zu sagen, wir verzichten auf Großprojekte, um dann das Größte von allen für unstrittig zu erklären. Die sollen aufhören, diese Art von Selbstfesselung zu inszenieren.

Worauf würden die Grünen denn verzichten?Auf die Horner Spange. Fußballmuseum Hall of Fame: streichen. Wildwasserbahn: streichen. Viele Verkehrsprojekte müssen auf günstigere Varianten geprüft werden. Die Erlebniswelt Auswanderung? Die kostet 40 Millionen, das CT IV eine Milliarde Euro – soviel zur Größenordnung. Das Visionarium? Es wäre wirklich bitter, wenn man darauf verzichtet in einer Stadt, die aufs Musical nicht verzichtet hat. Übersee-Stadt: Es wäre nicht nur aus stadtentwicklungspolitischer Sicht völlig falsch dem abzuschwören, den CT IV aber durchzuziehen. Es drohen falsche Schwerpunkte.

Gibt es nicht beim CT IV schon verbindliche Verträge?

Ich weiß es nicht. Die Koalition muss zu all diesen Projekten mal darlegen, wie weit die Planungen und die Festlegungen sind. Und auch, wenn schon investiert wurde, muss man imstande sein, abzuwägen und anzuhalten, wenn es sinnvoll ist.

Was bringen externe Gutachten?Die meisten Projekte hier wurden von Ex-Staatsrat Frank Hallers BAW-Institut geprüft. Da war der Kurs klar. Gutachter, die nicht so sehr mit der Bremer Politik und der Genese von Projekten verbandelt sind, wären ein Gewinn.

Das Anschluss-Investitionsprogramm soll mit jährlich weiteren 250 Millionen Euro bis 2014 verlängert werden.Ja, weil es bis 2010 dramatisch ausgebucht ist, das hat die SPD-Fraktion ausrechnen lassen. Jetzt wollen sie wohl über Kredite und Streckung der Zeiträume potentiell Geld zur Verfügung haben. Fragen: hey