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schim- an- eckSamoa 1984

Einführung zu einer Fotoausstellung über das Samoa von 1904, die am Sonntag in der Wasserburg Haus Kemnade eröffnet

Kaum hatte ich meine Überlebenskiste von 1984 aufgeschlagen, befand ich mich in Gedanken sogleich in alten, samoanischen Jagdgefilden wieder: Ich tippelte die verrumpelte, löcherige Uferpromenade entlang – rechts das Korallenriff, links Apia – und suchte die Insel-Skyline nach alten wilhelminischen Gebäuden ab. Ich nahm war: eine grün-blaue Holzkirche, ein dunkelbraunes Holzkino, ein Schiffswrack, einen verbeutelten Wasserturm, eine Lagerhalle der DHPG, einen riesigen Kokosnusshaufen, ein Observatorium... Dann war das Städtchen zu Ende. Ich blieb verdutzt stehen.

Und das sollte hier mal die Perle unseres kaiserlichen Kolonialreichs gewesen sein? Ich ging den deutschen Windungen meiner Gehirnrinde nach. Irgendwo müssten doch kleine Häppchen von Dürer, Goethe und Schinkel aufzufinden sein, wenn auch nur krümelweise. Stattdessen stieß ich immer wieder nur auf kratzende Schreibfedern, Eintöpfe und Stahlhelme.

Tief beschämt konnte ich‘s einfach nicht fassen. Ich suchte nach Ursachen, nach Schuld und Schuldigen. Wann waren eigentlich die Kiwi‘s über unsere Musterkolonie hergefallen? Klar! Diese heimtückischen Filous und Philister. Salbaderten tagelang über Armut, Frieden und Keuschheit und klauten uns hinterrücks alle Südseeliegenschaften weg. Und dann ließen sie jahrelang systematisch vergammeln. Mögen Sie im Umu rösten, tao‘ oe i se!

Samoa, o mein Samoa, mein Lieblingspudding. Floating island auf dem Ice Cream meiner Seele. Irgendwann werden wir uns wiedersehen. Tofa, faatofa!

Jürgen Schimanek

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