„Ein Spuck ins Gesicht“

Demonstration gegen die Abschaffung der Sozialhilfestellen. In Zukunft nur noch Prämienarbeit. Interessensverband fordert Korrekturen am Koalitionsbeschluss.

Bremen taz ■ Jörg F. (45) und Bülent G. (26) waren nur zwei von rund hundert Menschen, die gestern anläßlich der Sitzung der Arbeitsdeputation ihren Frust über die Abschaffung der Arbeitsstellen für Sozialhilfeempfänger zum Ausdruck brachten. Wie die anderen auch hatten sie feste mündliche Zusagen, dass sie ab 1. April oder 1. Mai bei einem Beschäftigungsträger gemeinnützige Arbeit tun können und dafür auch bezahlt werden.

Die Arbeitsdeputation hat dagegen gestern – gegen die Stimmen der Grünen – beschlossen, keine Stellen für diesen Sektor mehr zu bewilligen. Ausnahmen sind Projekte, in denen verbindliche schriftliche Zusagen oder Verträge mit der EU gemacht wurden. Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD), die im Sozialressort große Summen einsparen muss, verteidigte den Beschluss, den die Koalition ihr auferlegt hat. „Wir müssen sparen – ich weiß, dass das viele Menschen ganz persönlich trifft.“ Das Beschäftigungsprogramm für Sozialhilfeempfänger passe aber ohnehin nicht ins Konzept der Bundesreform Hartz IV. Denn dann sollen nach Auskunft der Behörde 86 Prozent der bremischen Hilfeempfänger in die Kategorie Arbeitslosengeld II wechseln.

Als kommunales Programm will die Senatorin die so genannte Prämienarbeit ausbauen. Jörg F. und Bülent G. könnten dann weiterhin beim Recyclinghof West Elektrogeräte zerlegen. Allerdings beziehen sie dafür kein Gehalt, sondern eine Prämie von gut fünf Euro am Tag als Dreingabe zur Sozialhilfe. „Sollen wir dafür noch dankbar sein?“ empörte sich einer. Einer jungen Näherin platzte ebenfalls der Kragen: „Das ist doch ein Spuck ins Gesicht“. Der Verband Bremer Beschäftigungsträger (VBB) forderte dringend „Korrekturen“ an dem Beschluss. Mindesten die mündlich zugesagten Stellen ab April und Mai müssten noch für ein Jahr bewilligt werden. „Die Hoffnung zerplatzt sonst wie eine Seifenblase“, so VBB-Vorstand Ulrich Ipach.

Die grüne Arbeitsmarktpolitikerin Sylvia Schön hat zudem ausgerechnet, dass Bremen kein Minus machen würde, wenn wenigstens die Stellen ab April und Mai noch für ein Jahr bewilligt würden: „Der harte Schnitt jetzt macht weder arbeitsmarktpolitisch noch finanzpolitisch Sinn.“ hey