Die bosnischen Muslime

Nach der endgültigen Eroberung des bosnischen Königreiches durch die Türken 1463 entschloss sich ein großer Teil der slawischen Bevölkerung, den Islam als Religion anzunehmen. Bosnien war damals Rückzugsgebiet für viele verfolgte, den Papst kritisierende Christen, die vor allem die Hierarchie der Kirche ablehnten. Da der Islam über eine dezentralisierte Organisationsstruktur verfügt, kam der neue Glaube diesem Bewusstsein entgegen. Außerdem brauchten Muslime keine Steuern zu bezahlen.

Vor dem Krieg 1992–1995 stellte die muslimisch-bosnische Bevölkerung 44 Prozent der Gesamtbevölkerung von 4,5 Millionen Bosniern, der Anteil der orthodoxen Serben war 33, derjenige der katholischen Kroaten 18 Prozent. Der Rest gehörte kleineren Gruppen an oder wollte sich nicht national definieren. 180.000 Muslime sollen nach Schätzungen im letzten Krieg ihr Leben gelassen haben.

Seit der Gründung des Königreichs Jugoslawien nach dem Ersten Weltkrieg gab es einen Streit um die Einordnung dieser Bevölkerungsgruppe. Waren die Muslime eine Nation unter den anderen Nationen der Südslawen, den Serben, Kroaten und Slowenen? Oder handelte es sich lediglich um eine Religionsgemeinschaft? Im kommunistischen Jugoslawien wurden in der Verfassung von 1974 die Muslime als Nation anerkannt. Mit dem Friedensabkommen von Dayton wurde diese Anerkennung international bestätigt. Seither nennen sich die Muslime Bosniens offiziell „Bosniaken“. ER