Wahlsieg für Linke in Südkorea

Konservative verlieren erstmals die Parlamentsmehrheit. Sieg der linksliberalenUri-Partei ist ein Votum gegen die Amtsenthebung von Präsident Roh Moo Hyun

BERLIN taz ■ Bei den gestrigen Parlamentswahlen in Südkorea kann die neue Uri-Partei mit einem deutlichen Sieg rechnen. Laut Prognosen dreier Fernsehsender nach Schließung der Wahllokale kann die erst 2003 von Anhängern des linksliberalen Reformpräsidenten Roh Moo Hyun gegründete Partei mit 152 bis 182 Sitzen im neuen 299-köpfigen Parlament rechnen.

Bisher zählte Uri nur 49 Abgeordnete, die sich von der Demokratischen Millenniumspartei (MDP) des früheren Präsidenten Kim Dae Jung abgespalten hatten. Die MDP schrumpfte jetzt auf 7 bis 13 Sitze. Größte Oppositionsfraktion bleibt die konservative Große Nationalpartei (GNP), die von 137 auf 92 bis 123 Sitze schrumpfte. Erstmals ist auch die linke Demokratische Arbeiterpartei im Parlament. Sie zählt 9 bis 12 Mandate.

Mit 60 Prozent lag die Wahlbeteiligung höher als beim letzten Mal. Dazu trug die große Polarisierung bei, die nach dem Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Roh offensichtlich wurde. Eine Mehrheit der bisherigen Parlamentsabgeordneten aus GNP und MDP hatte Roh am 12. März abgesetzt, weil er in einem Interview zur Wahl von Uri aufgerufen hatte, obwohl er zur Neutralität verpflichtet ist. Roh gehört Uri zwar nicht an, kündigte aber seinen Beitritt an. Im Fall einer Uri-Niederlage hatte er seinen Rücktritt angeboten.

Viele Wähler empfanden die Amtsenthebung, über die in den nächsten fünf Monaten das Verfassungsgericht entscheidet, als Ränkespiel und werten Rohs Vergehen als Petitesse angesichts eines Parteispendenskandals der GNP. Die Konservativen hatten die Stimmung in der Bevölkerung völlig falsch eingeschätzt. Nur wenig half ihnen, dass sie eine Frau an ihre Spitze setzten und vom noblen Parteihauptquartier in billige Container umzogen, um den Geruch der Korruption abzuschütteln.

Noch gestern traf US-Vizepräsident Dick Cheney in Seoul ein. Er will mit dem amtierenden Präsidenten Go Kun heute über Nordkorea und Südkoreas Militäreinsatz im Irak sprechen. Zur Zeit sind 600 koreanische Soldaten dort. Wenn im Juni, wie geplant, weitere 3.000 Mann eintreffen, wird Korea drittgrößte Besatzungsmacht sein. Irak war im Wahlkampf jedoch nur Randthema. SVEN HANSEN