Auch Clement sieht nur Silberstreif

Arbeitslosenzahl im Mai leicht gesunken, aber nur im Vergleich zum Vormonat. Mit über 4,3 Millionen höchster Mai-Stand seit der Wiedervereinigung. Regierung bleibt entsprechend vorsichtig. Frauenrat fordert Maßnahmen von Kanzler Schröder

NÜRNBERG/BERLIN dpa/rtr/taz ■ Obwohl die aktuellen Arbeitsmarktzahlen für den Monat Mai etwas positiver ausfielen als erwartet, glauben weder Bundesregierung noch Bundesanstalt für Arbeit (BA) an eine Trendwende zum Besseren. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sprach eher vorsichtig von einem „Silberstreif am Horizont des Arbeitsmarktes“.

Das Positive: Die unbereinigte Erwerbslosenzahl ist im Vergleich zum April um 153.000 auf 4,342 Millionen zurückgegangen. Das Negative: der Vergleich zum Vorjahr. Im Mai 2002 hatten noch 396.000 mehr Menschen einen Job als jetzt.

Die Opposition machte Rot-Grün denn auch für den höchsten Mai-Stand seit der Wiedervereinigung verantwortlich. Der Arbeitsmarktexperte der Unionsfraktion, Karl-Josef Laumann, warf der Bundesregierung vor, sie sei nicht in der Lage, Reformen für eine Trendwende anzupacken. Vielmehr verschlechtere sie durch mehr Steuern, höhere Abgaben und den Bruch von Wahlversprechen die Rahmendaten von Tag zu Tag weiter.

Nach Ansicht der stellvertretenden Grünen-Fraktionschefin Thea Dückert zeigt die Arbeitsmarktreform erste Wirkung. „Deswegen müssen wir jetzt Kurs halten“, sagte sie – wohl mit Blick auf den grünen Agenda-Parteitag Mitte Juni.

DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer mahnte einen „Kurswechsel für mehr Wachstum und Beschäftigung“ an. „Die unbefriedigende Konjunkturentwicklung schlägt weiterhin auf den Arbeitsmarkt durch.“

Die Prognose des BA-Chefs Florian Gerster für die kommenden Monate ist düster. Eine Belebung in diesem Jahr sei ausgeschlossen, im Herbst könnten bis zu 70.000 Lehrstellen fehlen. „Es gibt keine Trendwende der konjunkturbedingten Arbeitslosigkeit“, so Gerster.

Ähnlich pessimistisch ist die Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft. Die Kieler Ökonomen gehen von einer Stagnation der deutschen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr aus. Auf dem Arbeitsmarkt werde es frühestens Mitte nächsten Jahres eine Wende zum Besseren geben. Trotz eines unerwartet deutlichen Anstiegs der Industrieaufträge im April werteten Analysten die Auftragsdaten angesichts des Einbruchs im März als Beleg für eine Stagnation.

Bei der Arbeitsmarktentwicklung im Mai überraschte auch ein erstmaliger Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit seit 15 Monaten. Dies wurde in der BA auf den erhöhten Druck der Arbeitsämter zurückgeführt. Es hätten sich deutlich mehr Arbeitslose bei den Arbeitsämtern abgemeldet. Saisonbereinigt ging die Arbeitslosenzahl im Vergleich zum April um 4000 auf 4,453 Millionen Erwerbslose zurück.

Der Deutsche Frauenrat forderte in einem offenen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder eine „geschlechtergerechte“ Arbeitsmarktpolitik. Nötig sei die gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt statt Minijobs und Niedriglöhnen, von denen sich keine Frau ernähren kann, heißt es in dem Brief. Der Frauenrat fordert darin auch einen „gesicherten Zugang für Frauen zu allen aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen statt Ausgrenzung als billige Arbeitslose und eigene, nicht vom Ehemann abgeleitete Ansprüche von Frauen im Fall von Arbeitslosigkeit“. US