Mitten in Europa: die Alpen

Ein gelungener Beitrag zum nachhaltigen Tourismus: Werner Bätzings Studien zum Wandel der Alpenregion

Man traut den Alpen ihre lange und erfolgreiche Besiedlungsgeschichte gar nicht zu. Zu viel lebensfeindliche Natur mitten in Europa – aber das ist ein Irrtum. Ihrem Ruhm als Wintersportparadies und touristisches Highlight (immerhin 11 Prozent des weltweiten Tourismus) gehen über 1.000 Jahre Bergbauernkultur voraus. Die Baumgrenze wurde gedrückt, man schuf und bewirtschaftete Almen und Matten und erzeugte so einen hohen ästhetischen Reiz. Das gefällige alpine Landschaftsbild verdankt sich agrarischen Zeiten.

Heute teilen acht Nationen die Alpen unter sich auf. Vor allem politische Initiativen, die sich für ihre nachhaltige, sprich umwelt- und sozialverträgliche Zukunft stark machen, sehen sie nach wie vor als eine regionale Einheit. Daran hat auch der Wissenschaftler Werner Bätzing Anteil. Mit seinen Studien zur Siedlungsgeschichte und zum gesellschaftlichen Wandel, aber auch mit seinem Engagement für den ökotouristischen Weitwanderweg Grande Traversata delle Alpi, über den er hervorragende Wanderführer geschrieben hat. Jetzt ist sein Klassiker „Die Alpen“ (ursprünglich von 1984) neu erschienen.

In der umfangreichen Neufassung hat Bätzing dieses Buch zu einem grundlegenden Standardwerk über die Alpenregion weiterentwickelt, es ist reich bebildert und vor allem aktualisiert. Zentrales Thema ist eine ökologisch geglückte Mensch-Natur- Beziehung des agrarischen Zeitalters; sie dient auch als Maßstab für alpine Zukunftsperspektiven. Vorzüglich, wie Bätzing sich von den Emotionen und Ideologisierungen freihält, die in vielen Umweltdebatten mitschwingen. Die Nachhaltigkeitsdiskussion hat mit dieser Arbeit an Substanz und Perspektiven gewonnen. CHRISTEL BURGHOFF

Werner Bätzing: „Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft“. Verlag C. H. Beck, München 2003, 34,90 €