Sushi-Bar Musashi

Hausfrauliche Routine

Die Sushi-Bar Musashi auf dem Kottbusser Damm ist winzig und eng, vor allem, wenn sich die Kreuzköllner Szeneleute im Imbiss stauen. Als Minus25 hereinkommt, resümiert ein Röhrenjeans-Youngster gerade über seinen letzten „Turntable Job“: „Yeah, that was hot, yeah“. Minus25 muss ihre Sushis auf dem minikleinen Tischchen verköstigen, gleich neben der Küche. Ein Platz, der Einsichten verschafft.

Sechs Makis kosten im Musashi nur 2,50 Euro, weshalb Minus25 die Vorstellung, dass Reisröllchen nur für Reiche und Schöne da seien, bereits aufgegeben hat. Im Gegensatz zur Vorstellung vom grimmig dreinschauenden Meister, der mit geschliffener Stahlklinge am Werk ist, um mit lautem Schrei den toxischen Kugelfisch zu filetieren. Diese Vision hielt sich hartnäckig in ihrem Kopf. Ein Sushi-Meister muss doch wenigstens ein Stirnband tragen! Minus25 sitzt ganz dicht vor dem Eingang zur Küche. Zwei Frauen mit Kopftüchern stehen darin vor einem großen Reistopf. Im Hintergrund dudelt der Fernseher, RTL2. Die Frauen drehen die weiße Masse in die Algen ein und plappern. Zwischendurch schlagen sie mit einem ganz normalen Messer ein Fischfilet in kleine Happen. Sie arbeiten routiniert.

Minus25 fühlt Ernüchterung, so wie damals, als sie die Bio-Kühe im Betonstall antraf. Und nicht auf der idyllischen Alm zwischen Edelweiß. Der Blick in die Küche hat die ganze Coolness der Sushis entlarvt. Sie sind ein Produkt hausfraulicher Routine, das man im Handumdrehen formt, ohne Zeremonie und Zauber. Die Trendbewussten aus dem Kiez haben das noch nicht realisiert – und brüllen ihren Freunden via Handy weiterhin „Yeah, I’am having some sushis, that’s hot“ ins Ohr. SASKIA VOGEL