Kontrolliertes Spritzen von Heroin bis 2005 gesichert

Die Vorsitzende des Bonner Sozialausschusses plädiert für Fortsetzung des Modellprojekts, das 100 Junkies clean machen will. Dafür will die Stadt weitere 172.000 Euro locker machen. Das Land NRW hat seine Zuschüsse halbiert

BONN taz ■ Für das „Modellprojekt zur Heroin gestützten Behandlung Opiatabhängiger“ will die Stadt Bonn weitere 172.000 Euro zur Verfügung stellen. Damit wäre das Projekt bis März 2005 gesichert, heißt es in der Vorlage der Sozialverwaltung für die heutige öffentliche Sitzung des Bonner Sozialausschusses.

Dass dieser der Vorlage zustimmen wird, hält die Ausschussvorsitzende, Barbara Ingenkamp (SPD), für sicher: „Sie können die Menschen doch jetzt nicht alleine lassen.“ Schließlich habe das Projekt bereits sichtbare Erfolge zu verzeichnen. „Viele sind nicht mehr obdachlos, haben Arbeit bekommen, und auch die Kleinkriminalität in der Stadt ging zurück.“ Nach der Zustimmung im Ausschuss wird das Vorhaben nach Einschätzung Ingenkamps auch den Rat ohne Probleme passieren.

Die Unterstützung wurde erforderlich, nachdem das Land seine für 2004 geplanten Zuschüsse um die Hälfte auf 150.000 Euro gekürzt hatte. Insgesamt wird die von Bund, Land und Stadt finanzierte Hauptstudie bis März 2005 rund 2,26 Millionen Euro kosten, wovon die Stadt etwa 958.000 Euro trägt.

Über eine Bonner Beteiligung an einer Anschlussstudie bis Mitte 2006 kann derzeit laut Sozialverwaltung noch nicht entschieden werden. Diese sei sicherlich sehr sinnvoll, meint Ingenkamp. Aber bislang sei die Finanzierung durch Bund und Land noch nicht geklärt. Nach derzeitigen Berechnungen beliefen sich die Gesamtkosten dafür auf rund 850.000 Euro, wovon auf die Stadt Bonn 511.000 Euro entfielen. Die Ethikkommission der Ärztekammer Hamburg müsste zudem diese Anschlussstudie genehmigen.

Die im März 2002 gestartete Hauptstudie ist Teil einer bundesweiten, auf zwei Jahre angelegten Arzneimittelstudie. In Zusammenarbeit mit dem Bund und den Ländern Hamburg, Hessen, Niedersachen und NRW wurden in den Städten Bonn, Frankfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln und München insgesamt 1.032 Heroinabhängige für die Studie angeworben.

Die Hälfte der Langzeitdrogenabhängigen, bei denen bisherige Therapien erfolglos waren, erhält in einer Heroinambulanz unter ärztlicher Aufsicht und mit psychosozialer Betreuung injizierbares Heroin. Die anderen Probanden erhalten als Kontrollgruppe Methadon.

In Bonn nehmen insgesamt 100 Abhängige an dem gemeinsamen Projekt von Universitätsklinikum, Caritas und Diakonie teil. Die Durchhaltequoten in der Bundesstadt können sich sehen lassen: Lediglich 30 Prozent der Probanden der Methadon- und 16 Prozent der Heroingruppe brachen ihre Teilnahme vorzeitig ab; der Hauptgrund war für die meisten der Antritt einer Haftstrafe.

Weil der letzte Bonner Proband erst im März 2003 angeworben wurde und damit das Projekt bis März 2005 weiterläuft, kann mit einem Ergebnis erst Mitte 2005 gerechnet werden. Damit wäre eine Entscheidung über die Zulassung von Heroin als Arzneimittel durch das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) frühestens ab Ende 2005 möglich. Silke Uertz