Ausländerbehörde behindert Behandlung

Therapeuten werfen Ausländerbehörde vor, traumatisierten Kriegsflüchtlingen kein Aufenthaltsrecht zu gewähren

Schwere Vorwürfe gegen die Ausländerbehörde haben Psychotherapeuten erhoben, die traumatisierte Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien betreuen. In einem offenen Brief an Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kritisieren die Experten, die Ausländerbehörde unterlaufe seit Jahresbeginn den Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) vom November 2000, den traumatisierten Flüchtlingen einen gefestigten Aufenthaltsstatus zu gewähren.

Die Rechtslage zumindest ist eindeutig. So sollen unter anderen Kriegsflüchtlinge aus Bosnien und dem Kosovo, die beispielsweise in Folge von Folter an schweren Traumata leiden, einen festen Aufenthalt bekommen. Denn die Unsicherheit kurzfristiger „Duldungen“ von drei bis sechs Monaten verschärft in vielen Fällen die Symptomatik von Angstzuständen und Depressionen und erschwert eine erfolgreiche Behandlung.

Seit Jahresbeginn sucht die Ausländerbehörde offenbar nach neuen Schlupflöchern, um den Betroffenen einen dauerhaften Aufenthalt zu verweigern. So werde regelmäßig geprüft, ob in den Attesten der Betroffenen bereits vor dem 1. Januar 2000 die ausdrückliche Diagnose „posttraumatische Belastungsstörung“ enthalten war, heißt es in dem Brief der Therapeuten. Wurde die Diagnose erst danach gestellt, werde eine Aufenthaltsbefugnis abgelehnt. Es sei jedoch nicht ungewöhnlich, so die Therapeuten, dass Ärzte eine Traumatisierung erst im Verlauf von Behandlungen erkennen. Entgegen früheren Vereinbarungen mit der Innenverwaltung verlange die Ausländerbehörde nun zudem „Therapiepläne“ und bestrafe Flüchtlinge, die im Laufe der Behandlung den Facharzt gewechselt hätten.

Schon in der Vergangenheit hatte die Ausländerbehörde alles darangesetzt, den IMK-Beschluss zu unterlaufen. Erst nach Interventionen des Innenausschusses und von Flüchtlingshilfeorganisationen hatte die Behörde einer von der Psychotherapeutenkammer zusammengestellten Liste von Therapeuten zugestimmt, deren Gutachten sie respektieren sollte.

Am Mittwoch sind nun Vertreter der therapeutischen Einrichtungen zur Innenverwaltung geladen, um „die unterschiedlichen Standpunkte zu klären,“ so der Sprecher von Innensenator Körting, Peter Fleischmann.

HEIKE KLEFFNER