Fonds wollen Macht des Kapitals ausspielen

Investmentbranche will sich in die Geschäfte der Konzerne einmischen, die Manager und ihre Gehälter kontrollieren

HAMBURG taz ■ Die Investmentbranche will mehr – vor allem mehr Einfluss auf die Konzerne. Endlich sollen die Bosse den Druck des Kapitals zu spüren bekommen. Die in den Neunzigern rapide gewachsenen Aktienfonds sehen sich in einer komfortablen Lage. Ihr Wachstum habe zu „einer Verschiebung der Eigentumsverhältnisse“ in der deutschen Wirtschaft geführt, heißt es in einer Stellungnahme des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI), „daher werden die Investmentgesellschaften bei Abstimmungen auf Hauptversammlungen immer gewichtiger“.

Rolf Drees von Union Investment, das zur genossenschaftlichen Bankengruppe gehört, haut in dieselbe Kerbe. Drees verweist auf das positive Beispiel USA: „Dort nehmen Investmentgesellschaften schon seit vielen Jahren die Interessen ihrer Anleger erfolgreich wahr.“

Ob diese Einflussnahme auf Industriekonzerne und Versicherungen wirklich im Sinne der Kleinanleger erfolgt – wie die Investmentbranche gerne behauptet – oder im ureigensten Interesse der Fonds, darüber wird in den USA seit langem gestritten. Jedenfalls konnten die amerikanischen Bilanzskandale und der Verfall der meisten Aktienkurse auch von der Hand voll entscheidender US-Fondsgiganten nicht verhindert werden.

In Deutschland mischen sich dem Vernehmen nach bislang erst Union und DWS aktiv in die Geschäfte der Konzerne ein. Die meisten Fondsgesellschaften stehen zwar durchaus im regelmäßigen Kontakt mit den Vorständen, belassen es aber bei losen Kontakten und stimmen im Zweifelsfall im Sinne der Vorstände ab.

Wenn die Finanzdienstleister ihre Macht zukünftig ausspielen, muss dies nicht nur Schlechtes bedeuten. So kündigte BVI-Vorstandssprecher Axel-Günter Benker an, sich mehr um die internen Verhältnisse in den Unternehmen zu kümmern: „Wir werden uns künftig stärker in die Diskussion um Corporate Governance in Deutschland einschalten.“ Union-Manager Drees stellt klar, dass man die neue Macht auch einsetzen wolle, um die ausufernden Bezüge der Bosse zu stoppen: „Vergütungsprogramme mit Selbstbedienungscharakter lehnt Union Investment ab.“

Die Fondsgesellschaften bewegen inzwischen jede fünfte deutschen Aktie. Angesichts der geringen Präsenz in den Parlamenten der Aktiengesellschaften dürften sie damit regelmäßig über 40 Prozent der Stimmen und über entsprechende Macht verfügen. Ganz aus dem Rennen sind damit allerdings die bisherigen Platzhirsche, die Banken, nicht. Die meisten namhaften Investmentgesellschaften gehören den großen Kreditinstituten. HERMANNUS PFEIFFER