Ein IWF-Kandidat wird Aznars letzter Triumph

Spaniens Ex-Wirtschaftsminister Rodrigo Rato könnte heute zum europäischen IWF-Kandidaten ernannt werden

Nun also doch: Rodrigo Rato, bis vorige Woche Wirtschaftsminister und Vizeregierungschef Spaniens, wird heute voraussichtlich vom Ecofin-Rat zum europäischen Kandidaten für den Vorsitz des Internationalen Währungsfonds (IWF) gekürt. Somit hat er beste Aussichten auf die Nachfolge Horst Köhlers. Nach der Wahlniederlage der Partido Popular (PP) ist das nicht nur eine elegante Lösung für den 55-Jährigen, sondern auch ein letzter Triumpf seines Exchefs José María Aznar.

Der Jurist und Betriebswirt entstammt einer wohlhabenden Familie Asturiens. Deren weit verzweigte Geschäfte brachten Rato schon öfter in den Verdacht, Öffentliches und Privates nicht sauber zu trennen. Der Mitstreiter Aznars beim Aufbau einer modernen konservativen Partei wurde 1996 erstmals Wirtschaftsminister. Unter seinem Kommando und mit üppigen EU-Hilfsgeldern erlebte Spanien einen beeindruckenden Aufschwung. Seine Rezepte: Haushaltsanierung, Privatisierung, Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Die Kosten dieser Politik tragen die Arbeitnehmer: Viele müssen sich heute mit Niedriglöhnen und Zeitverträgen über Wasser halten. Dennoch galt lange Zeit als ausgemacht, dass die makroökonomischen Erfolge Rato zum Nachfolger Aznars prädestinierten. Der aber erkor 2003 Ratos regierungsinternen Gegenspieler Mariano Rajoy zum Kronprinzen.

Rato, was nun?, fragte sich fortan ganz Spanien. Autoritätshörig machte der Vater dreier Kinder erst mal gute Miene zum bösen Spiel und zog tapfer in Rajoys Wahlkampf, in dessen Regierung er dann vielleicht noch einmal Wirtschaftsminister geworden wäre. Doch die PP wurde von der Wut der Wähler ob der Irakpolitik und der Vertuschung der Urheberschaft der Anschläge vom 11. März hinweggefegt.

Gut, dass es da noch den IWF-Chefposten gibt, an dem Rato schon vor der Wahl Interesse bekundete. Aznar schlug ihn vor, und sein Nachfolger, der Sozialist José Luis Zapatero, war einverstanden. Paris und Berlin zeigten sich davon nicht begeistert: Als unerbittlicher Streiter für Spaniens EU-Gelder war Rato der deutschen Regierung schon lange ein Dorn im Auge, und auch in Frankreich war man froh, Quälgeist Aznar und seine Männer endlich los zu sein. Bis zuletzt wurde Osteuropa-Bankchef Jean Lemierre favorisiert. Gestern lenkte die Bundesregierung ein und signalisierte, Rato bei seiner Kandidatur zu unterstützen. Derzeit liefen noch Konsultationen der irischen Ratspräsidentschaft bei den 15 Mitgliedstaaten. Doch es zeichne sich schon ab, dass die EU „relativ einhellig“ hinter Rato stehe. Davon ab kann Spanien die Unterstützung der USA und fast aller lateinamerikanischen Staaten vermelden. CIRO KRAUTHAUSEN