Mecklenburg mault über Schröders Reiseziele

Kanzler verteidigt auf Reise durch Mecklenburg den Aufbau Ost. Lokalpolitiker schimpfen: kein Problemgebiet besucht

BERLIN taz ■ Der Besuch des Kanzlers in Mecklenburg-Vorpommern kam wie gerufen. Lange schon war die Stippvisite von Gerhard Schröder geplant, fiel aber günstig in die Zeit der Diskussion um den Aufbau Ost. So konnte Schröder beim Besuch einer Werft in der Küstenstadt Wismar noch einmal sagen, dass er „den Aufbau Ost in vielen Bereichen als gelungen ansieht“. Der Schiffbau in Mecklenburg sei dafür nur ein Beispiel.

Schröder kann seine Politik allerdings nur verteidigen, denn zum Angreifen hat er nichts. Der Solidarpakt II ist längst beschlossen – zwischen 2005 und 2019 werden insgesamt 156 Milliarden Euro nach Ostdeutschland fließen. Deshalb kommt die Diskussion um die Ostförderung der Regierung eigentlich eher ungelegen. Sie kann nicht auftrumpfen. Schwerin wird zwar eine der bundesweit drei Testregionen für gelockerte Verwaltungsvorschriften, aber das dazu von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) initiierte Gesetz kommt wohl frühestens Ende des Jahres. Also konnte der Kanzler nur bekräftigen: der Solidarpakt ist gut.

Und dennoch gab es Prügel. Schröder fehle „die emotionale Verbundenheit mit dem Osten“, sagte Eckhardt Rehberg, Vorsitzender des CDU-Landesverbandes. Der Aufbau Ost sei unter dem Kanzler nicht vorangekommen. „Außerdem besucht er nicht die Problemgebiete“, klagte Rehberg und blieb dem Kanzlertreffen trotz Einladung fern. Am 13. Juni ist Landtagswahl, Rehberg muss gegen die rot-rote Regierungskoalition antreten.

Unrecht hat der Oppositionsführer allerdings nicht. MeckPomm hat 21,4 Prozent Arbeitslose und trägt mit gerade 1,4 Prozent zur gesamtdeutschen Wirtschaftsleistung bei – Letzter im Ländervergleich. Trotzdem hat Schröder etwa Anklam in Ostmecklenburg – 15.000 Einwohner, 6.000 Arbeitslose – nicht besucht. Auch nicht den Landkreis Uecker-Randow mit 30 Prozent Arbeitslosigkeit. Der dortige Landrat Siegfried Wack (CDU) hatte zusammen mit 70 Bürgermeistern aller Parteien den Kanzler bereits im Februar um einen Besuch gebeten. Antwort: keine Zeit. „Geschimpft wird immer“, sagte ein Regierungssprecher gestern am Rande des Schröder-Besuchs, „würden wir die schwachen Regionen besuchen, hieße es, wir zeigen nur die schlechten Seiten des Ostens.“ Der Kanzler hätte seine Ziele besser mischen sollen, findet dagegen Landrat Wack: „Wir wollen nicht, dass er nur die Schattenseiten Mecklenburgs sieht“, sagt Wack der taz. „Aber wir hätten über die Probleme hier gern persönlich mit ihm gesprochen.“

Stattdessen schickt Schröder den für den Aufbau Ost zuständigen Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD). Zu Brandenburgs ehemaligem Regierungschef haben die Lokalpolitiker allerdings kein Vertrauen mehr. Stolpe war vor einigen Monaten schon mal im Armenhaus der Republik zu Gast. Spuren habe er nicht hinterlassen, sagen die Politiker. „Ich will nicht polemisieren“, sagt Wack. „Aber die Durchschlagskraft, die diesem Mann zugetraut wurde, hat er nie entfaltet.“ Jetzt soll wohl nicht mal Stolpe nach Uecker-Randow fahren, sondern einer seiner Staatssekretäre. DANIEL SCHULZ