Datenspeicherung geht 2009 erst richtig los

Im neuen Jahr startet eine neue Stufe der Vorratsdatenspeicherung: Firmen müssen künftig Einwahlen ins Internet und E-Mail-Verbindungen ein halbes Jahr speichern. Telefonfirmen können sich nicht mehr vor dem Speichern drücken

BERLIN taz ■ Ab Neujahr beginnt eine verschärfte Phase der Vorratsdatenspeicherung. Nun müssen auch E-Mail- und Internetdaten gespeichert werden. Außerdem endet bei der Speicherung von Telefondaten die einjährige Übergangszeit. Künftig müssen Internetfirmen, die sich der Vorratsdatenspeicherung verweigern, mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro rechnen.

Ab Jahresbeginn müssen Internetfirmen ein halbes Jahr lang speichern, wer wem wann eine E-Mail geschrieben hat. Bisher war dies bei den Firmen meist nur wenige Tage lang nachzuvollziehen, da die Zahl der E-Mails zu Abrechnungszwecken nie relevant war. Anonyme E-Mail-Konten bleiben aber zulässig. Neu ist auch die Speicherpflicht für Telefonate, die über Internetdienste wie Skype geführt werden. Auch hier ist ein halbes Jahr lang festzuhalten, wer mit welcher IP-Adresse wen wann wie lange angerufen hat.

Praktisch wichtig ist vor allem, dass ab 1. Januar auch die Internet-Einwahlvorgänge ein halbes Jahr lang gespeichert werden. Festgehalten wird dabei, mit welcher IP-Adresse ein Computer wie lange Zugang zum Internet hatte. Früher wurden diese Daten zu Abrechnungszwecken gespeichert, doch ist dies bei Flatrate-Kunden nicht mehr erforderlich. Bei solchen Kunden wurden die Einwahldaten nur bis zu sieben Tagen gespeichert.

Inhalte der E-Mails, Telefonate und die angesehenen Webseiten werden nicht gespeichert. Allerdings lässt sich oft indirekt rekonstruieren, wer sich auf einer Seite aufgehalten hat, weil die meisten Seiten in sogenannten Logfiles die IP-Adressen aller Besucher speichern. Die Polizei kann nun die Logfiles beschlagnahmen und bei den Internetfirmen Auskunft verlangen, welchem Kunden die IP-Adresse in der fraglichen Zeit zugewiesen war. Die Internetfirmen müssen dann über die sogenannten Bestandsdaten (Name, Adresse) der Kunden Auskunft geben. Diese Bestandsdaten-Auskunft wird schon lange genutzt, um etwa herauszufinden, wer illegal Musik aus dem Internet kopierte, aber auch wer Kinderpornografie nachgefragt hat.

Die Verbindungsdaten von Festnetz- und Mobil-Telefongesprächen müssen schon seit Jahresbeginn 2008 ein halbes Jahr gespeichert werden. Weil die Telefonfirmen allerdings klagten, sie könnten die Infrastruktur nicht rechtzeitig bereitstellen, wurde ihnen eine einjährige Kulanzfrist gewährt. Erst ab 2009 werden Bußgelder fällig, wenn die Firmen ihren Speicherpflichten nicht nachkommen. So fängt zum Beispiel die Deutsche Telekom erst 2009 richtig mit der Vorratsdatenspeicherung an.

Ein Antrag der FDP, die Übergangsfrist bis 2010 zu verlängern, scheiterte vor Weihnachten im Bundestag. Nur die Grünen stimmten dem Antrag zu, die mit der ausstehenden Prüfung des Verfassungsgerichts argumentierten. Gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung haben rund 34.000 Personen Verfassungsbeschwerde eingereicht. In zwei Eilentscheidungen hat Karlsruhe die Speicherung zwar nicht gestoppt, aber die Nutzung der Daten bis zum endgültigen Urteil auf die Aufklärung schwerer Straftaten beschränkt. Im Auftrag des Verfassungsgerichts hat die Bundesregierung untersucht, wie oft die Polizei derzeit auf Telefon-Verbindungsdaten zugreift. Von Mai bis Juli 2008 wurden 2.186 Verfahren gezählt. Dabei genügten der Polizei in 627 Fällen die Daten, die zu Abrechnungszwecken ohnehin gespeichert waren. In 934 Fällen – wohl bei Flatrate-Kunden – musste aber auf die Daten der Vorratsspeicherung zugegriffen werden. In den übrigen Fällen fehlten eindeutige Angaben. Wegen der Beschränkung des Verfassungsgerichts auf schwere Kriminalität durften in 96 Fällen die Daten nicht herausgegeben werden. CHRISTIAN RATH