Diskret walzerselig

Intendant Peter Grisebach inszeniert am Stadttheater Bremerhaven Richard Strauss‘ „Rosenkavalier“

Abschiedsschmerz gleich zu Beginn im SchlafgemachRäume als psychologische Metaphern

Der Raum ist in blaues Licht getaucht, in der Mitte eine runde Plattform mit einem Bett darauf, das erst sichtbar wird, wenn die von der Bühnendecke herabhängende Stoffsäule hochgefahren wird. Hier liegen zwei im Himmelbett, im Himmel ihrer romantischen Liebe, und nur die Ältere weiß, dass diese Liebe nicht von Dauer ist. Denn ihr junger Geliebter wird irgendwann eigene Wege gehen. Der Rosenkavalier von Richard Strauss im Großen Haus des Bremerhavener Stadttheaters beginnt mit diesem ebenso schlichten wie prägnanten Bild, in das der Abschiedsschmerz schon eingeschrieben ist.

Intendant Peter Grisebach, der hier selbst Regie führt, entscheidet sich gegen alle Versuchungen, den Rosenkavalier in neue Räume zu versetzen. Keine Hotelhalle und kein Mädchenpensionat ersetzen die Räumlichkeiten des niederen und höheren Adels. Es bleibt beim Schlafgemach der Feldmarschallin Fürstin Werdenberg und beim Palais der Familie von Faninal, wo Baron Ochs von Lerchenau um die junge Sophie anhält.

Indem Grisebach die Räume stilisiert, werden sie zu Metaphern psychologischer Haltungen. Da ist einmal die aussichtslose Liebe zwischen der alternden Frau und dem Jüngling Octavian, den Strauss, um seine Jugend zu betonen, von einer Frau singen lässt. Dann gibt es den grobschlächtigen Ochs, der sexuelle Gier und Geschäftsinteressen verquickt. Da ist Sophie, das unschuldige junge Mädchen mit ihrer erwachenden Erotik. Strauss hatte eine „Mozart-Oper“ im Sinn, ein heiter-ernstes Spiel um Liebe und Intrige, in dem die gewichtigen Figuren vom klassischen Personal der Commedia dell‘Arte umgeben sind.

Grisebach beweist bei der Besetzung der großen und kleinen Partien dieser Oper eine ausgesprochen glückliche Hand. Melanie Maenni überzeugt als Feldmarschallin mit ihrer klangstarken, dramatischen Stimme ebenso wie als zum Verzicht bereite Frau. Andreas Hörl, Gast von der Hamburger Staatsoper, ist ein höchst beweglicher, komischer Ochs, und Franka Kraneis als Sophie mimt überzeugend den Liebreiz des jungen Mädchens. Katarzyna Kuncio als Octavian jedoch ist in jeder Hinsicht der Star des Abends: Mit ihrer warmen, dynamischen und klaren Stimme ist sie ein zart anrührender Rosenkavalier. Stephan Tetzlaff arbeitet derweil als Dirigent des Städtischen Orchesters die vielfältigen Nuancen heraus, er pointiert die dramatischen und die komischen Wendepunkte und setzt die Walzerseligkeit des Rosenkavalier angenehm diskret in Szene. Hans Happel

nächste Vorstellungen: 22.4. sowie 7., 14.+20.5., 19.30 Uhr, Stadttheater Bremerhaven