Tiergarten wird Techno-Zoo

Dieses Jahr soll die Love Parade eingezäunt werden. Das soll fliegende Händler abhalten, die Sicherheit verbessern und Anwohner schonen. Grüne sehen „Stern der Veranstaltung sinken“

von MAXIMILIAN HÄGLER

Die Mauer war noch nicht gefallen, als im Jahr 1989 ein paar Freunde eine „House-Musik-Demonstration“ auf dem Ku’damm anmeldeten. 150 Raver zogen damals über die Straßen. 14 Jahre später ist aus der Demonstration längst eine kommerzielle Veranstaltung geworden, hunderttausende gehen hin, aus Subkultur ist Mainstream geworden. Und: Die Mauer wird wieder aufgebaut – als Zaun.

Zumindest für Tiergartenbesucher und Technofreunde. Denn rund um die Parade, die größtenteils durch den Tiergarten führt und dieses Jahr unter dem Motto „Love Rules“ steht, wollen die Veranstalter ein 4,5 Kilometer langes Gatter rund um den Tiergarten errichten. Durch 44 „Checkpoints“ kommen die Besucher auf die Tanzmeile.

Wie die Geschäftsführer der Love Parade Berlin GmbH gestern bekannt gaben, sollen mit der Maßnahme, die kurz vor der Genehmigung stehe, vor allem Schwarzhändler und Flyerverteiler abgehalten werden. Zugleich werde die Umwelt geschont und die Sicherheitslage verbessert. In der Vergangenheit hätten der unerlaubte Handel mit Getränken und das Verteilen von Werbematerial viel Müll verursacht und zu Umsatzverlusten bei den Catering-Partnern geführt.

Die offizielle gastronomische Versorgung am 12. Juli übernimmt heuer erstmals die Capital Catering GmbH, eine Tochter der landeseigenen Messe Berlin. Diese war Mitte April in die Bresche gesprungen, nachdem die Veranstalter des weltgrößten Technofestes Finanzierungsschwierigkeiten gemeldet hatten. Aber nicht nur Speis und Trank werden vom „Hauptdienstleister“ der Parade zubereitet. Die Messegesellschaft hat zudem Logistik, Organisation und Controlling des ehemaligen Anarcho-Festes übernommen.

Und auch der Bauzaun und die 300 benötigten Sicherheitsleute werden „von der Messe Berlin finanziert“, wie die Love-Parade-Sprecherin Adina Popescu bestätigt. Insgesamt würden sich die Kosten für das Einfriedungskonzept auf „etwa 120.000 bis 160.000 Euro“ belaufen. Jedoch sei die Umzäunung keine Forderung der Messe Berlin gewesen, versichert Popescu, sondern gemeinsam mit den Behörden überlegt worden. Diese Maßnahme sei auch ganz im Sinne der Polizei, bestätigt deren Sprecher Peter Daube: „Vor allem die Bürger im Hansaviertel werden wohl weniger gestört werden.“

Für die Berliner Grünen dagegen ist der Zaun kein Schritt nach vorne, sondern Zeichen für ein „Rückzugsgefecht“. So glaubt Claudia Hämmerling, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, dass der „Stern der Veranstaltung“ sinkt. Darauf deuteten die zurückgeschraubten Besuchererwartungen hin und auch das Konzept sei „abgelatscht und abgetanzt“. Die Veranstalter, die mit nur noch 500.000 Ravern rechnen, sollten sich dem Geschmack des Publikums anpassen und den Standort ändern: „Warum nicht auf dem Tempelhofer Flugfeld?“, wiederholte Hämmerling ihren jahrealten Ersatzvorschlag.

Paul van Dyk, international bekannter DJ und Mitveranstalter der Love Parade, hat keine Schwierigkeiten mit dem Zaun und freut sich auf das Feiern. Wichtig sei das Signal aus der Stadt in die Welt. Und überhaupt: „Inzwischen ist die Love Parade wichtiger als der Mauerfall.“