Aliew macht dicht

Sendeschluss am Kaukasus: In Aserbaidschan dürfen die Programme unabhängiger Auslands-Radios nicht mehr auf UKW und Mittelwelle laufen

AUS BAKU BERNHARD CLASEN

Aserbaidschans Medienlandschaft ist um vier weitere Sender ärmer geworfen. Seit gestern dürfen die aus Moskau sendende russische Radiostation Europa+, die US-Wellen Radio Liberty und Voice of America sowie der World Service der britischen BBC auf Geheiß der staatlichen Rundfunk- und Fernsehkommission nicht mehr auf UKW und Mittelwelle in der Kaukasusrepublik übertragen werden.

Besitzer von Satellitenanlagen oder schnellen Internetzugängen können sich zwar weiterhin über russische Fernsehkanäle oder die britische BBC informieren, doch für über 90 Prozent der aserbaidschanischen Bevölkerung bedeutet die jüngste Entscheidung das Aus unabhängiger Informationen. Aserbaidschan hatte schon 2007 und 2008 sämtlichen russischen und zwei türkischen Fernsehsendern die Lizenz entzogen. Die Entscheidung kommt pünktlich zum Geburtstag von Präsident Ilcham Aliew – wie auch der Beschluss des Parlaments, ihm eine längere Amtszeit zu ermöglichen: In einem für den 18. März 2009 angesetzten Referendum soll das Volk entscheiden, ob die Amtszeit eines aserbaidschanischen Präsidenten auf zwei Wahlperioden beschränkt bleiben soll, wie es die derzeitige Verfassung vorschreibt. Schon jetzt werben die staatlich gelenkten Medien für eine Verfassungsänderung. Aliew könnte dann noch für viele Jahre Präsident Aserbaidschans bleiben und ähnlich wie sein Vater das Amt an einen Nachkommen vererben. Der Familienclan herrscht – mit kurzer fünfjähriger Unterbrechung – seit 1969 praktisch uneingeschränkt in dem ölreichen Land.

Mehrere internationale Organisationen, darunter die OSZE und der Europarat, üben heftige Kritik an der Entscheidung. Für Kenan Aliew, Chef des aserbaidschanischen Dienstes von Radio Free Europe/Radio Liberty, steht die jüngste Entscheidung im Widerspruch zu den Erklärungen der aserbaidschanischen Politik, man setze auf Integration in europäische Strukturen. Mit diesem Schritt, so Kenan Aliew zur taz, werde das autoritäre Regime weiter gestärkt: „Wir haben Politiker der Regierung genauso interviewt wie Oppositionspolitiker, galten als Quelle des Pluralismus.“ Er fühle sich sehr an Zeiten der Sowjetunion erinnert, als ausländische Sender nur über Kurzwelle zu hören waren. Mit der Entscheidung zeige Aserbaidschan, dass es sich wenig um die Verpflichtungen schere, die es gegenüber internationalen Organisationen in den Bereichen Demokratie und Meinungsfreiheit eingegangen sei.

Auch der bekannte aserbaidschanische Menschenrechtler Avas Hasanov kritisiert den Entzug der Sendelizenzen. Gleichzeitig dürfe man nicht vergessen, dass sich Aserbaidschan in derzeit mehrere Journalisten in Haft befinden, weil sie die Machthaber kritisiert hatten, so Hasanov.

Die EU-Kommission sorgt sich ebenfalls um die Medienfreiheit in Aserbaidschan. „Ich möchte daran erinnern, dass die EU-Kommission erst vor kurzem vorgeschlagen hat, die Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan auf der Basis von gemeinsamen Demokratie-Werten, der Rechtsstaatlichkeit und dem Respekt von Menschenrechten und Grundfreiheiten zu vertiefen“, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am Mittwoch in Brüssel. Aserbaidschan gehört zu den Ländern, die von der neuen Östlichen Partnerschaft der EU Nutzen ziehen sollen. Zur Gründung dieser Partnerschaft ist im Mai ein Gipfeltreffen in Prag geplant.