INTERNATIONALES STRAFGERICHT: EUROPA DARF USA NICHT SCHONEN
: Höflich und hart

Da helfen alle freundlichen Worte nichts: Wenn es um den Internationalen Strafgerichtshof geht, wird der Streit zwischen der US-Regierung und dem Rest der Welt genauso hart weitergeführt wie vor dem Irakkrieg. Etwa bei der Abstimmung über eine Verlängerung der Resolution 1422. Sie regelt, dass Teilnehmer an UN-Missionen aus Ländern, die keine Strafgerichtshof-Vertragsstaaten sind, vor allem die USA, nicht von dem Gericht belangt werden können. Mit der Drohung, ihre Truppen aus wichtigen UN-Friedensmissionen abzuziehen, hatten die USA diese Resolution im Sicherheitsrat im vergangenen Jahr erzwungen.

Wenigstens das alte Europa ist sich an dieser Stelle tatsächlich einig. Die Europäische Union hat gerade erst in der vergangenen Woche neue gemeinsame Richtlinien zur Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes verabschiedet – darunter auch die Maßgabe, sich aktiv gegen die Versuche der USA einzusetzen, mit Vertragsstaaten bilaterale Immunitätsabkommen zu vereinbaren. Insbesondere den EU-Beitrittsländern wurde signalisiert, sie würden sich das europäische Leben sehr schwer machen, sollten sie dem Druck der USA nicht standhalten. Wie schwierig das für die Leichtgewichte unter den betroffenen Ländern ist, zeigt sich an der Unentschiedenheit der großen Länder: Zwar haben Deutschland und Frankreich bereits angekündigt, der Verlängerung der Resolution 1422 heute nicht zustimmen zu wollen, aber eine gemeinsame europäische Ablehnung, die dann auch die Neinstimme zweier Vetomächte bedeuten würde, trauen sich die vier europäischen Sicherheitsratsvertreter denn doch nicht zu.

Die Auseinandersetzung über den Internationalen Strafgerichtshof stellt die Debatte über das europäische Gegengewicht zu den USA auf die Füße. Wenn es nicht einmal gelingen sollte, eine von 140 Staaten unterstützte internationale Institution in Gang zu setzen, ohne dass diese von Beginn an aus Washington verbeult und verkratzt wird, dann braucht auf Europa niemand zu setzen. Die US-Regierung weiß das und spielt dieses Machtspiel ganz ohne Höflichkeitsfloskeln. Die kann sich Europa ja gern leisten. Nur: In der Sache muss es diesmal Beharrungsvermögen beweisen. BERND PICKERT