Simonis muss Akten öffnen

Verfassungsgericht stärkt Auskunftsrecht der Parlamente in Haushaltsfragen. Minister haben keinen Anspruch, ihre Machtlosigkeit im Kabinett geheim zu halten

KARLSRUHE taz ■ Regierungen müssen sich künftig mehr in die Karten schauen lassen. Das Bundesverfassungsgericht stärkte gestern in einem Verfahren aus Schleswig-Holstein die Auskunftsrechte von Parlamenten und Abgeordneten.

Konkret ging es um ein Loch im Kieler Landeshaushalt des Jahres 2001 in Höhe von 18 Millionen Euro. Die Regierung von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) führte diesen Geldmangel auf dem Rechenfehler einer „armen Seele“ im Kultusministerium zurück. Vier CDU-Abgeordnete trauten dieser Erklärung aber nicht. Sie vermuteten, dass die Regierung schon bei Aufstellung des Haushalts von der drohenden Unterdeckung wusste, da das Finanzministerium den Wunsch des Kultusministeriums nach Schaffung einer Rücklage abgelehnt hatte.

Um den Vorwurf aufzuklären, forderten die Abgeordneten regierungsinterne Haushaltsentwürfe an. Ein Großteil dieser Akten wurde ihnen aber verweigert. Es verletze die „Eigenverantwortung der Regierung“, wenn öffentlich bekannt werde, wie durchsetzungsfähig einzelne Ressorts innerhalb der Regierung sind.

Damit kam die Simonis-Regierung beim Bundesverfassungsgericht aber nicht durch. Zwar gestand der Zweite Senat der Regierung einen geschützten Raum zu, in dem sie „frei und offen“ diskutieren kann. Die Aufstellung des Haushalts gehöre aber nicht dazu. Es bestehe nämlich keine Gefahr, so die Richter, dass ein Ministerium Geldbedarf nur deshalb nicht anmelde, weil dies später publik werden könnte. Es möge zwar das persönliche Interesse der Minister sein, dass der Öffentlichkeit ihre mangelnden Durchsetzungsfähigkeit im Kabinett verborgen bleibt. In der Verfassung sei dieses Interesse aber nicht geschützt. Die Kieler Landesregierung muss deshalb die angeforderten Unterlagen herausgeben. CHRISTIAN RATH