„Legebatterien sind schockierend genug“

Tierschutz-Kampagne von Peta bleibt verboten: Die Darstellung von KZ-Opfern neben Legehennen ist entwürdigend

BERLIN taz ■ Der Tierschutzorganisation Peta bleibt es verboten, KZ-Opfer und Legehennen nebeneinander darzustellen. Das Landgericht Berlin bestätigte gestern die einstweilige Verfügung gegen eine Werbekampagne von Peta (People for the Ethical Treatment of Animals).

Auf mehreren Plakaten hatten die Tierschützer neben fast toten, ausgemergelten KZ-Häftlingen Hühner oder Kühe in der Massentierhaltung abgebildet. Darunter war zu lesen: „Der Holocaust auf deinem Teller“. Auf einem Plakat stand außerdem: „Zwischen 1938 und 1945 starben 12 Millionen Menschen im Holocaust – genauso viele Tiere werden für den menschlichen Verzehr in Europa täglich getötet.“

Nach dem Grundgesetz dürfen die Konzentrationslager-Häftlinge nicht in dieser Form herabgesetzt werden, argumentierte der Vorsitzende Richter Michael Mauck. Die Kampagne verstoße gegen die Menschenwürde. „Das Leid von anderen Menschen darf man nicht instrumentalisieren“, auch wenn die eigenen Ziele noch so hehr seien.

Einen Tag nach der Eröffnung der Kampagne in Stuttgart Mitte März hatte Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, eine einstweilige Verfügung beantragt, die nun bestätigt wurde. Die Bilder sollten ursprünglich drei Wochen lang in elf Großstädten Deutschlands ausgestellt werden.

Der Rechtsanwalt von Peta, Wolfgang Schindler, hatte sich immer wieder auf das „Soldaten sind Mörder“-Urteil des Bundesverfassungsgerichts berufen. Das hatte diese Aussage als Meinungsäußerung zugelassen, weil verschiedene Interpretationen möglich sind – darunter auch solche, die Soldaten nicht in ihrer Würde herabsetzen. Genau das müsse man auch mit der Peta-Kampagne machen, sagte Rechtsanwalt Schindler.

„Es sollen doch nicht die Juden herabgesetzt werden“, erklärte der Anwalt, „sondern höchstens die Verbraucher mit dem Schnitzel auf ihrem Teller.“ Außerdem sollten Juden und Tiere nicht gleichgesetzt werden, ihre Leiden sollten lediglich verglichen werden. „Ein Vergleich lässt Unterschiede zu, eine Gleichsetzung nicht“, sagte Schindler.

Der Anwalt von Antragsteller Paul Spiegel gab zurück, dass fast alle Betrachter automatisch von einer Gleichsetzung ausgingen. Außerdem dürfe man nicht von einem räsonnierenden Betrachter ausgehen, sondern müsse sich in die KZ-Opfer versetzen, die die Kampagnen sehen.

Das war das Argument, das den Richter überzeugt hat. Die Entscheidung ist ihm nicht leicht gefallen, er hat sogar seine Kinder gefragt. Die hätten gesagt: „Papa, wir sind doch alle Geschöpfe Gottes, niemand darf getötet werden.“ „So leicht kann man es sich auch machen“, war sein Kommentar.

Zugleich regte er an, wie die Tierschützer verfassungsgemäß aufrütteln können: „Die Bilder von den Legebatterien sind doch schockierend genug.“ Auch ein rein textlicher Vergleich zwischen Hühnern und Juden wäre nicht verboten worden, deutete er an. Die Bilder hätten aber eine besondere Schockwirkung.

Die Tierschützer wollen sich darauf aber nicht beschränken. Sie wollen für ihre bebilderte Kampagne höhere Gerichte anrufen, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht gehen.

MAREKE ADEN