„Keine Welt bleibt unerfunden“

Play for Escape: „Parole Trixi“, „Herr Nilsson“ und „Kajak“ spielen bei ihrem Benefizkonzert für den Hamburger Flüchtlingsfonds und die Mujeres Sin Fronteras in der Roten Flora für die Verbesserung der Rechte von MigrantInnen

Ist sanfter Gesang die einzige Möglichkeit für Frauen im Musikbizz? Mit Parole Trixi wird diese Frage mit gehöriger Aggressivität schnell vom Tisch gefegt. Am Sonnabend kann das Glanzstück deutscher Rockmusik neben den Pop-Poeten Herr Nilsson und der Hamburger-Schule-Band Kajak in der Flora bewundert werden. Zufällig sind die Bands nicht zusammen gekommen: Zum zweiten Mal heißt es „Play for Escape“. Der Erlös des Benefizkonzerts soll zwei MigrantInnen-Organisationen zugute kommen: dem Hamburger Flüchtlingsfonds und der Frauengruppe Mujeres Sin Fronteras.

„Wir helfen Frauen und Transen aus Lateinamerika bei der Bewältigung ihrer alltäglichen Probleme und schaffen zudem ein Forum für die Selbstorganisierung“, erzählt Friederike Henschel von den Mujeres Sin Fronteras. In den Bestimmungen des deutschen Asyl- und Ausländergesetzes werden MigrantInnen oftmals grundlegende Rechte verwehrt. Gesundheit, Bildung, Arbeit werden so zu Privilegien für Menschen mit deutschem Pass. „Es ist durchaus möglich, dass migrierte Frauen mit gültigem Aufenthaltsstatus keinen Krankenversicherungsschutz haben – etwa, wenn ihr deutscher Ehemann als Einzelperson privat versichert ist.“ Werden südamerikanische Touristinnen in ihrem Urlaub von einem deutschen Mann schwanger und bleiben bis zur Geburt in Deutschland, dürfen sie wegen des deutschen Kindes in Deutschland bleiben, erhalten selbst aufgrund ihres unerlaubt langen Aufenthaltes aber nur eine Duldung. Die Folge: Sie dürfen nicht arbeiten und bekommen einen reduzierten Sozialhilfesatz. So entstehen zahlreiche Probleme, weil Rechte oft abhängig vom Status des Ehemanns oder des Kindes vergeben werden.

„Wir wollen Raum zur Formulierung von eigenen Bedürfnissen und Zielen geben. Grundsätzlich sollen die Frauen so unterstützt werden, dass sie ihre Lebensumstände verbessern oder stabilisieren können“, erklären die Mujeres Sin Fronteras. Gleichzeitig wollen sie nicht nur Beratungsarbeit leisten. „Wir arbeiten jenseits von Institutionen, um unabhängig von staatlicher Politik zu sein. Wir wollen Foren schaffen und – beispielsweise, gemeinsam mit Kanak Attak, das Recht auf Legalisierung fordern.“ Die Grundforderung dabei: das Recht auf Arbeit, Gesundheit, Bildung unabhängig vom Aufenthaltsstatus. „Das würde viele Probleme gar nicht erst entstehen lassen. MigrantInnen, die die Hilfe von AnwältInnen in Anspruch nehmen müssen, können sich an den Hamburger Flüchtlingsfonds wenden, der das Geld der Benefizveranstaltung zu diesem Zweck bereitstellt. Wenn Herr Nilsson also Samstagabend „Sprachen in den Raum“ zeichnet, bleibt nur zu hoffen, dass wirklich „keine Welt (...) unerfunden“ bleibt. DORO WIESE

Sonnabend, 21 Uhr, Rote Flora Info: HH-FL-Fonds@gmx.de und mujeres_sin_fronteras5@yahoo.es