keine erdbestattung für tote tiere von RALF SOTSCHECK
:

Der Beamte im britischen Landwirtschaftsministerium nahm meine Anfrage nicht sonderlich ernst. Ich habe ein verdorbenes Schinkenbrötchen, hatte ich gesagt. Ob er es wohl abholen lassen könne? Ich solle es in den Mülleimer werfen, antwortete er. Aber damit würde ich mich doch strafbar machen, wandte ich ein.

Seit dem 1. Mai 2003 ist es verboten, tote Tiere oder Tierprodukte zu vergraben. Stattdessen muss man das verstorbene Hühnchen oder das verschimmelte Käsebrot an einem „sicheren Ort“ verwahren und den Nationalen Entsorgungsdienst anrufen, der sich um die Sache kümmert. Das ist eine Direktive aus Brüssel, die von der britischen Regierung flugs zum Gesetz erhoben wurde. Dadurch soll die Verbreitung von Tierseuchen wie Rinderwahn eingedämmt werden. Allerdings hatten die Briten eine Kleinigkeit vergessen: Den „Nationalen Entsorgungsdienst“ gibt es gar nicht.

Und selbst wenn es ihn gäbe, könnte er die toten Tiere auch nur einbuddeln, denn Großbritanniens 15 Verbrennungsöfen sind selbst ohne die Millionen zusätzlichen Tonnen Fleisches völlig überlastet. Die Supermarktbesitzer raufen sich die Haare, denn sie sollen die einbruchssicher verpackten Chickensandwiches wieder auspacken, wenn das Haltbarkeitsdatum überschritten ist, da das Ministerium kein Plastik will, sondern vergammelte Tiere.

Wie es einem ergehen kann, der sich nicht an die Vorschrift hält, musste der Gastwirt Geoff Monks erfahren. Die Bezirksverwaltung hatte bei einer Razzia ein angeschimmeltes Stück Schinken im Kühlschrank seines Landgasthauses gefunden, berichtet die Zeitschrift Private Eye. Die Behörde war von einer Anwältin alarmiert worden, die sich im Pub angeblich eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte. Oder hatte ihre Beschwerde damit zu tun, dass Monks ihr Hausverbot erteilte, nachdem sie wegen eines kleinen Fehlers in der Getränkerechnung völlig ausgerastet war? Jedenfalls erzählte sie in einer anderen Kneipe großspurig von ihrer engen Freundschaft mit einigen Honoratioren in der Bezirksverwaltung.

Der Gammelschinken wurde für Monks recht teuer, inklusive Gerichtskosten sollte er 20.000 Pfund berappen. Da er so viel Geld nicht hatte, verurteilte man ihn zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe. Während er im Gericht auf seinen Abtransport ins Gefängnis wartete, erlitt er vor Aufregung einen Herzanfall und wurde unter polizeilicher Bewachung ins Krankenhaus gebracht.

Nach zwei Tagen zog man die Bewachung ab, und die Gefängnisverwaltung schickte niemanden, um auf Monks aufzupassen. Wozu auch? Der Gefangene war so schwer erkrankt, dass er es ohne Hilfe nicht mal bis zur Toilette schaffte.

Als es ihm wieder besser ging, meldete er sich ordnungsgemäß im Gefängnis. Sein Anwalt beantragte, die Zeit, die er im Krankenhaus verbracht hatte, auf die Strafe anzurechnen. Die Gefängnisbehörde lehnte ab: Monks habe gesetzwidrig gehandelt, als er unbewacht im Krankenhaus herumlag. Das sei wie ein Gefängnisausbruch einzustufen. Dafür müsse er drei Tage länger brummen.