Mehr Management soll die Qualität der Schule heben

Die Grundschule Gellertstraße in Köln ist eine der 278 Schulen, die im Rahmen des Projekts „Selbstständige Schule“ des Landes Nordrhein-Westfalen eigenverantwortlich wirtschaften soll. Die Nippeser Schule will die neue Freiheit nutzen und die Sprachkompetenz der Schüler besonders fördern

Köln taz ■ „Sprechen lernen“ sollen die Schüler an der Kölner Gemeinschaftsgrundschule Gellertstraße. Rektor und Schulleiter Günter Becker hat den richtigen Umgang mit der deutschen Sprache als „absolute Notwendigkeit“ erkannt. An Beckers Schule lernen die Schüler also nicht nur im FachDeutsch mit Texten umzugehen. Auch in naturwissenschaftlichen Fächern wie Mathe oder Biologie sollen sie vermehrt Textaufgaben lösen.

Mit herkömmlichen Unterrichtsmethoden hätten sie die gezielte Umsetzung und Vermittlung von Sprachkompetenz nicht erreicht, meint der Schulleiter. So kam es für die Gemeinschaftsgrundschule in der Nippeser Gellertstraße wie gerufen, dass sie sich mit 31 anderen Lernanstalten in Köln am Projekt „Selbstständige Schule“ beteiligen konnte. In Nordrhein-Westfalen sind insgesamt 278 Schulen aller Schulformen an dem Modellversuch beteiligt. Ziel des Pionierprojekts ist für die Bertelsmann Stiftung und das Schul- und Jugendministerium als Ideengeber, nach dem „Pisa-Schock“ die Unterrichtsqualität zu verbessern.

Ob sich dieses Lehr- und Lernmodell behaupten kann, müssen die eigenständigen Schulen in NRW bis zum Jahr 2008 noch unter Beweis stellen. Denn „selbstständig zu sein heißt nicht automatisch, besser zu sein“, weiß auch Wilfried Lohre, Projektleiter „Selbstständige Schule“ von der Bertelsmann Stiftung. Die Selbstständigen Schulen sind mittels „qualitätsorientierter Selbststeuerung“ angehalten, neue Ideen zu entwickeln und damit ihren Unterricht beständig zu verbessern. Die teilnehmenden Schulen haben insgesamt sechs Jahre lang Zeit, mit verschiedenen Methoden zu experimentieren und dabei sichtbare Mängel auszugleichen.

Für die Grundschule an der Gellertstraße in Köln steht daher die „Entwicklung von Sprachkompetenz“ neuerdings als Schwerpunkt auf dem Lehrplan. „Dabei sind uns viele Freiheiten gegeben, sowohl was unseren Zeitplan als auch die Unterrichtsmethodik betrifft“, sagt Schulleiter Becker.

Für diese und ähnliche Projekte haben Stadt und Land den Selbstständigen Schulen bis zu 5.000 Euro jährlich zur Verfügung gestellt, auf die je nach Förderungsbedarf Anspruch erhoben werden kann. Doch auch Eigenständigkeit hat ihren Preis. Die Anforderungen an die selbstständigen Lernstuben sind groß und eine „qualitätsorientierte Selbststeuerung“ will gut organisiert sein. Nicht zufällig ist daher im Konzept der eigenständigen Lehranstalten von „schulinternem Management“ die Rede.

Denn nicht nur auf lernmethodischer Ebene finden Veränderungen statt, auch in der Personalentwicklung wird fleißig umgestaltet. So liegt die Entscheidungsgewalt über die Einstellung von Lehrpersonal bei den selbstständigen Bildungsstätten letztlich in der Hand des Schulleiters. Außerdem können Grundsätze der Leistungsbewertung oder auch Versetzungsregeln schulintern verändert werden.

„Damit wollen sich Stadt und Land aus der Verantwortung ziehen“, sagt Josef Bünger von der Stadtschulpflegschaft der Kölner Grundschulen. „Die Selbstständigen Schulen können nicht machen, was sie wollen und werden nicht gleich zum Unternehmen“, sagt dagegen Ralph Fleischhauer vom Schul- und Jugendministerium.

Doch die Eigenorganisation der neuen Bildungsstätten fordert durchaus Unternehmergeist, zum Beispiel beim „Ressourcenmanagement“. Dabei sollen die Schulen mehr Finanzmittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung erhalten. „Sinn der Sache ist, dass die Schulen beispielsweise nicht für jedes Druckerpapier erst Geld beantragen müssen, sondern mit ihren sicherlich begrenzten Budgets auch wirtschaften können“, so Fleischhauer.

Das dafür notwendige „externe Know-how“ sollen die Selbstständigen Schulen von Unternehmensberatungen erhalten. „Diese Beraterfirmen können Schulleitung und Lehrpersonal beibringen, Abläufe professioneller zu gestalten und besser mit ihren Finanzmitteln zu wirtschaften“, sagt Bertelsmann-Projektleiter Lohre. Doch er will die Skeptiker beruhigen: „Eine Privatisierung der Schule ist sicherlich nicht unser Wunsch. Die Schule ist ein staatliches Geschäft und es ist auch in Zukunft eine öffentliche Aufgabe, die Bildung zu sichern.“ Stefanie Liebl