Herr Glässgen grummelte

Viel heiße Luft auf dem Theaterschiff: Beim nordmedia-Talk stellte eine Hamburger Soziologin ihre Studie über Bremens Medienwirtschaft vor

Bremen taz ■ Der Abend begann mit einem kleinen Faux-pas – Thomas Schäffer, Geschäftsführer der Mediengesellschaft nordmedia, begrüßte die Referentin beim „nordmedia-Talk Bremen“ im Bauch des Theaterschiffs nicht ganz korrekt: Frau „Brigitte Kammerer-Jöbge“, Chefin eines Hamburger Büros mit dem sinnigen Namen BKJ, werde die Entwicklungsperspektiven der Bremer Medienwirtschaft aufzeigen, hatte Schäffer angekündigt. „Kammerer-Jöbges“ korrigierte die Referentin schneidend – damit war die Tonlage gesetzt für einen seltsam gereizten Abend.

Kammerer-Jöbges, von Hause aus Soziologin und jetzt Leiterin eines „Full-service-Dienstleisters rund um Kommunikation“, stellte die Ergebnisse einer Studie vor, die letztes Jahr von der Senatskanzlei und der Bremer Innovations-Agentur (BIA) bei BKJ in Auftrag gegeben worden war und die sich einigermaßen hochtrabend „Bestands- und Bedarfsanalyse der Bremer Medienwirtschaft“ nennt. Wesentliche empirische Grundlage dafür war eine Fragebogen-Umfrage unter 1.444 Bremer Medienschaffenden – angereichert durch „Experten“-Interviews und telefonische Befragungen.

Was Frau Kammerer-Jöbges dann auf ihren Charts zeigte, riss jedoch niemanden vom Hocker: Die Forscherin drechselte – unter zunehmendem Stöhnen, Ächzen und Raunen aus dem Publikum – Sätze wie „Bremen bietet eine breite Medienkompetenz und hat von allem etwas, in allen Bereichen ein Highlight.“ Nun gelte es allerdings, solche Erfolge „durch Synergien zu optimieren“. Außerdem solle der Bürgermeister künftig doch jährlich zu einer Party namens „Nacht der Medien“ einladen. Weitere Ergebnisse der Umfrage: nicht alle Medienfirmen planen eine regionale oder gar nationale Expansion, Kleinbetriebe mit bis zu fünf Beschäftigten beherrschen die Medienszene, und die Beschäftigung von Praktikanten und Volontären ist eher gering ausgeprägt. Kammerer-Jöbges Ausführungen kulminierten schließlich in dem überraschenden Ausruf: „Sie wissen es ja: Bremen ist gar kein Medienstandort!“ – die nächste ihrer Grafiken hieß dann aber wieder: „Stärken des Medienstandorts Bremen“. Seltsam, das.

Was die Idee eines „Medienzentrums“ im Stephaniviertel betreffe, reagierten die Bremer Medien mit Skepsis und einer „Schaun-mer-mal-Haltung“, fand Kammerer-Jöbges heraus. BKJ leitet daraus messerscharf ab, dass „das Medienzentrum einen anderen Namen und ein Konzept braucht“. Nur 19 Prozent der Befragten äußerten sich positiv oder optimistisch zum Medienzentrum. Und nur 10 Prozent konnten sich vorstellen, auf einem solchen Areal einmal Räume anzumieten.

Überhaupt habe sich beim Thema Medienzentrum „relative Uninformiertheit“ gezeigt“. Eben diese unterstellte Radio Bremen-Intendant Heinz Glässgen wohl auch der Referentin – aus seiner Gegend vernahm man beständig halblaut ausgestoßene Satzfetzen wie „Blödsinn“, „Käse“ und „dummes Zeug“. jox