Aldi Süd bleibt Betriebsrats-frei

Der Versuch, einen Betriebsrat für den Discounter zu wählen, ist gescheitert. Ein Grund: Ein Filialchef setzte sich als Wahlleiter ein. Nun zieht die Gewerkschaft vors Arbeitsgericht – zumal diejenigen, die für Mitbestimmung kämpfen, Ärger im Job erwartet

AUS MÜNCHEN JÖRG SCHALLENBERG

Jeder Gewerkschaftlerin müsste das Herz aufgehen: 54 Angestellte aus vier Münchner Aldi-Märkten waren am Mittwochabend geladen, um über den Wahlvorstand für die Wahl eines Betriebsrates abzustimmen – und 50 kamen. Sonst, wundert sich Dagmar Rüdenburg von der Dienstleistungs-Gewerkschaft Ver.di, „bleiben immer ein Drittel der Leute zu Hause“. Aber es handelt sich ja auch nicht um eine ganz gewöhnliche Wahl.

Zum einen geht es um den ersten Betriebsrat bei Aldi Süd mit seinen 1.500 Filialen in Süd- und Westdeutschland. Zum anderen hatten Berichte über massive Wahlbehinderungen und Mobbing (siehe taz vom 28. 4.) in einer Münchner Aldi-Filiale dafür gesorgt, dass gleich mehrere Fernseh- und Radioteams dabei waren. Die Abstimmung fand dann aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Dafür saß der Geschäftsführer der zuständigen Aldi-Regionalzentrale im Plenum. Er hatte bereits beim ersten Wahlversuch vor wenigen Wochen das Verhalten seiner Untergebenen beobachtet – die dann prompt den Wahlvorstand ablehnten. Die Abstimmung musste neu angesetzt werden. Dieses Mal verließ er auf Drängen von Dagmar Rüdenburg aber den Raum. Dann setzte sich allerdings der Filialleiter jenes Marktes in München-Großhadern, der in die öffentliche Kritik geraten war, selbst als Wahlleiter ein. Abgestimmt wurde per Handzeichen, eine große Mehrheit der Angestellten wandte sich erneut gegen den vorgeschlagenen Wahlvorstand.

Eine der Kandidatinnen war die Verkäuferin Jasna Schmidt, die mit zwei Kolleginnen die Wahl eines Betriebsrates initiiert hatte – vor allem, um sich die schlechte Behandlung durch ihren Chef nicht länger gefallen lassen zu müssen. Sie war am Mittwochabend „regelrecht erschrocken über die aufgehetzte Stimmung im Saal“. Vor dem ersten Wahlversuch waren sämtliche Mitarbeiterinnen der Großhaderner Filiale einzeln zum Filialleiter und dem zuständigen Aldi-Bezirksleiter gerufen worden. Sie hatten nach dem Wahlverhalten gefragt und mit Konsequenzen gedroht. Am Mittwoch nun, wundert sich Jasna Schmidt, „haben selbst Kolleginnen gegen den Betriebsrat gestimmt, die mir vorher noch gesagt haben, dass sie ihn befürworten“. Gegenüber der Presse wollten sich die meisten Beteiligten nicht äußern, eine Verkäuferin beschwerte sich aber lauthals, „dass wir doch ohnehin nur hierher gekommen sind, um das zu verhindern“.

Nun will die Gewerkschaft Ver.di per Arbeitsgericht einen Wahlvorstand einsetzen lassen, der dann die üblicherweise geheime Betriebsratswahl vorbereiten soll. Wichtig findet Dagmar Rüdenburg von Ver.di allerdings in erster Linie, „dass wir die Kolleginnen schützen, die sich für den Betriebsrat einsetzen“ – denn die berichten von einem rapide verschlechterten Arbeitsklima und Ausgrenzungsversuchen durch Vorgesetzte. Aldi Süd hat es bislang abgelehnt, sich in irgendeiner Form zu den Vorgängen zu äußern.