Uniwildnis ab nach Walle

Ausgleich für die zerstörten Flächen im Technologiepark: das Ex-Parzellengebiet am Waller Fleet. Bürgerinitiative gegen Flächenfraß zieht Bilanz

Bremen taz ■ Ein Naherholungsgebiet mit Wald und Wiesen soll in den Kleingartengebieten im Waller Fleet und in den Wischen entstehen. Bezahlt werden soll dieses teilweise aus Geldern, die laut gesetzlicher Vorgabe für zerstörte Biotope an anderer Stelle ausgeben werden müssen. So soll etwa die für den Technologiepark abgeholzte Uniwildnis im Westen Bremens wieder „aufgebaut“ werden – jedenfalls zu Teilen und soweit sich Natur kopieren lässt. Diesen Vorschlag des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr nahm am vergangenen Donnerstag auch die Baudeputation zur Kenntnis.

Während die große Koalition kein Problem mit diesem Deal hat, beschwert sich die Grüne Umweltpolitikerin Karin Mathes darüber, dass mit öffentlichen Geldern die Zerstörung der Uniwildnis kompensiert wird. Wenn überhaupt, dann sollten private Investoren an den Kompensationskosten beteiligt werden. Vor allem aber solle in der Uniwildnis alles so bleiben, wie es ist, oder besser: mal war, findet Mathes. Der Technologiepark brauche nicht ausgeweitet werden, Gewerbeflächen gebe es ausreichend und die Finanzierung sei ungesichert. Andererseits sei es zu begrüßen, dass das Waller Fleet aufgewertet werden soll. Zum Hintergrund: Wegen der „Bereinigung“ der Parzellen und des damit verbundenen Abrisses von Kaisenhäuschen liegen dort einige Flächen brach. Ein Entwicklungskonzept sieht deshalb eine „parkähnliche“ Anlage vor, in die die verbleibenden Kleingärten integriert werden. Auf zehn Jahre wird die Bauzeit veranschlagt.

Das Umweltressort argumentiert anders als Mathes damit, dass diese „Verschönerungsmaßnahmen“ im Westen der Stadt ohnehin finanziert werden müssen. Auf 17 Millionen Euro werden die dafür anfallenden Kosten zurzeit geschätzt, fest verplant sind bereits sechs Millionen Euro für die Bereinigung. Die Wiedergutmachung für die Uniwildnis schlage mit rund 3,4 Millionen Euro zu Buche, erklärt Holger Bruns, Sprecher des Umweltsenators, die Zahlenspiele. Anstatt also zweimal zu zahlen – für die Verschönerung des Waller Fleets und für den Abriss der Uniwildnis – muss die Stadt nur einmal in die Tasche langen.

„Nicht nur Ja und Hurra“

Unterdessen zog die Bürgerinitiative „Forum für Wohn- und Lebensqualität“ am Freitag eine vorläufige Bilanz ihrer Arbeit. Mit der Anhörung von vier Vertrauensleuten in den Deputationen für Bau, Umwelt und Wirtschaft hat der Bürgerantrag der Initiative in den entscheidenden politischen Gremien Gehör gefunden. Am kommenden Dienstag steht nun noch die Debatte des Antrags in der Bürgerschaft an.

„In den harten Punkten haben wir nichts erreicht“, so das negative Resumee von Hiltrud Lübben-Hollmann, einer der WortführerInnen des Antrags. Die Besiedlung der Uniwildnis und der Osterholzer Feldmark, der Ausbau der Schwachhauser Heerstraße – um nur einige der Punkte des Antrags zu nennen – konnten nicht gestoppt werden. „Trotzdem hat es sich gelohnt, so die einhellige Meinung der Beteiligten. „Wir haben das Instrument des Bürgerantrags sehr genau kennen gelernt“, so Christine Bernbacher, „und wir wissen jetzt auch, dass die Rechte eines solchen Antrags in der Bremer Verfassung sehr, sehr groß geschrieben werden.“ Auch Jan Saffe beschreibt die vielen Monate, die die Aktiven unentgeltlich für ihre Sache geartbeitet haben, als Gewinn. „Es gibt eben in Bremen nicht nur Bürger, die Ja und Hurra schreien. Und da sogar die Bewerbung zur Kulturhauptstadt den hanseatischen Sinn für Debatten und öffentliches Bürgerengagement würdigt, wird dieser Antrag nicht der letzte gewesen sein.“ eib
/hey

Zur Debatte am Dienstag in der Bürgerschaft hat die Initiative rund 80 Karten reserviert. Treffen aller Interssierten um 16 Uhr vor der Bürgerschaft.