Kanzler will nur Akademikerheime fördern

Auf der Hochschulrektorenkonferenz appelliert Schröder an die Bundesländer, mit ihm die Universitäten zu päppeln

BERLIN taz ■ Für den Auftritt des Regenten war alles gerichtet. Die Technische Hochschule hatte sich herausgeputzt, damit sich der mächtigste Deutsche bei dem lang ersehnten Besuch an nichts störe. „Ich wollte die technischen Hochschulen in den Vordergrund bringen, denn sie haben große Aufgaben zu lösen“, sagte der Mann angesichts der internationalen Herausforderungen für die deutschen Unis.

Der das äußerte, war nicht der Bundeskanzler, sondern der Kaiser. Aber der Besuch Wilhelms II. vor über 100 Jahren an der heutigen Technischen Universität Berlin ähnelt in vielem dem gestrigen Besuch Gerhard Schröders. Wilhelm II. wollte die Hochschulen aufwerten, um Deutschland voranzubringen. Dazu brachte er seinerzeit Historisches mit: das Recht für die Technischen Hochschulen, auch an Ingenieure Doktortitel zu vergeben.

Auch für Gerhard Schröder war gestern alles fein gemacht – im Charlottenburger Schloss, unweit der TU, die in diesen Tagen ihr 125-jähriges Jubiläum begeht. Auch der Kanzler will die Unis aufwerten, auch er brachte etwas mit: das Versprechen auf mehr Geld.

Bundeskanzler Schröder appellierte in seiner gestrigen Rede vor den versammelten deutschen Hochschulrektoren an die Bundesländer, zusammen mit dem Bund den Unis eine erkennbare Finanzspritze zu verpassen. „Wir müssen wegkommen von Vergangenheitssubventionen und hinkommen zu Zukunftsinvestitionen“, sagte Schröder. Zur Finanzierung erneuerte er seinen Vorschlag, die Eigenheimzulage abzuschaffen. Die Mittel, die Bund und Länder so für ihre unterfinanzierten Unis frei bekommen, bezifferte er auf etwa 10 Milliarden Euro. Außerdem sagte der Kanzler zu, dass der Bildungsetat 2005 weiter wachsen werde.

Beim Hauptthema der Hochschulrektorenkonferenz, dem wissenschaftlichen Nachwuchs, erwartete gestern niemand einen Durchbruch. Denn der Umgang mit ihren besten Akademikern ist die Achillesferse der Unis. „Die Nachwuchsforscher sind die am meisten vernachlässigte Ressource der Hochschulen“, sagte dazu der Vizepräsident für Forschung an der Humboldt-Universität, Hans Jürgen Prömel, am Rande der Tagung bei einem Expertengespräch der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG).

Die DFG hat gestern eine neue Studie veröffentlicht, die das Problem der Abwanderung von jungen Spitzenforschern quantifiziert. Danach bleiben 15 Prozent der deutschen Doktoranden und Postdocs in den USA. „Dieser brain drain ist also zahlenmäßig nicht groß“, sagte die Nachwuchsexpertin der DFG, Beate Scholz. Schmerzlich sei er dennoch. „Denn es sind die Besten der Besten, die das Land verlassen.“ Die Unirektoren erwarten, dass Bund und Länder an einem Strick ziehen und die Länder nicht wieder – wie bei der Juniorprofessur – gegen den Bund vor das Verfassungsgericht ziehen. „Das größte Problem“, sagte die Bayreuther Juniorprofessorin Monika Sokol, „ist die Rechtsunsicherheit.“ Sokol ist Juniorprofessorin, darf sich aber nicht so nennen, weil Bayern das betreffende Bundesgesetz blockiert.

Denn dieser Teil der Rede Wilhelms II. gilt gewiss nicht mehr: „Die Ausländer sprechen mit größter Begeisterung von der Bildung, die sie an ihrer Hochschule erwartet.“ CIF