Für den Osten nichts Neues

Vier Architekturbüros haben in einem Workshop mal eben das rechtsrheinische Köln neu geordnet. Die Ergebnisse sind unausgegoren, der Stadt fehlt ein Ziel. Nur wenige Ansätze sind brauchbar

von Cord Machens

Der „Spanische Bau“ des Kölner Rathauses ist ein Aschenputtel. Baukörper und Fassaden passen sich unauffällig in die Stadtstruktur ein, aber im Inneren entfaltet sich eine charmante „Nierentischarchitektur“: Frei schwingende Treppen, kunstvolle Fenster, freche Kronleuchter erstrahlen seit einigen Wochen in restauriertem Glanz. Der glasüberdeckte Innenhof ist Heimat des Stadtmodells, also eigentlich auch der geeignete Ort für die Präsentation der Ergebnisse des „Workshop Rechtsrheinisches Köln“. Doch die wurden in der Ecke eines Durchgangsraumes zur Schau gestellt. So kann man Chancen verspielen.

Und auch die vier im Workshop vertretenen Architekturbüros haben Chancen vertan. Das zeigte sich am vergangenen Sonntag, als Planungsamtsleiterin Anne-Luise Müller die Ergebnisse vorstellte. Das Bochumer Büro Rübsamen entwickelte parallel zum Rhein grüne und bebaute Bänder. Als Gag kopierten sie per Fotomontage einen halben Dom nach Deutz, um zu demonstrieren, was sie nicht wollen: eine Dublette des Linksrheinischen. Denn das Rechtsrheinische habe seine eigenen Identitäten und Potenziale, die erkannt und gestärkt werden müssten. Darin waren sich alle einig.

O. M. Ungers, Mentor der Kölner Architekten, konzentrierte sich auf die Rheinpromenade und deren Verbindung mit den linksrheinischen Ringen. Nicht für den Verkehr, sondern für die Flaneure schlug Ungers breite Plattformen über den Fluss und nannte sie „Living Bridges“. Sie sollen dem städtischen Leben dienen, werden also wohl mit Kölschbuden, Kulturzelten und Pflanzenkübeln bestückt. Doch solche Plattformen werden nie mit brückenhafter Eleganz Ufer verbinden. Und was soll nach Ungers‘ Planungen mit der Bastei geschehen, die am Theodor-Heuss-Ufer über dem Rhein schwebt? Bis zur Halskrause soll sie im Beton versinken. Da hat Ungers seine eigene „genius loci“-Theorie, nach der der Ort Ausgangspunkt allen Entwerfens sein soll, bös‘ verraten.

Johannes Kister hat für seinen Entwurf die Quartiere als Inseln herausgearbeitet, hat sie „Monaden“ genannt und mit ernster Miene verkündet: „Das ist ein Begriff aus der Philosophie“. Mancher dachte da, er habe sich verhört. Bei Leibniz sind Monaden schließlich „letzte, in sich geschlossene, vollendete, nicht mehr auflösbare Ureinheiten“. Das Rechtsrheinische aber besteht aus Fragmenten, die Verkehrsplanung und sterbende Industrie hinterlassen haben, ergänzt durch Solitäre wie Stadthaus Deutz oder Polizeihauptquartier Kalk. Das sind keine Veedel, das sind Reste, die Verbindung brauchen und nicht die Vollendung zufälliger Formen.

Einzig Kees Kaan und Dorothee Korr aus Rotterdam haben das postmoderne Bilderdenken hinter sich gelassen und Vernetzungsstrategien entwickelt, die vom Deutzer Ottoplatz ausgehend die gesamte Rhein-Ruhr-Metropolis reflektieren. Wie nebenbei haben sie für Deutzer- und Mülheimer Hafen kleinmaßstäbliche Wohnquartiere vorgeschlagen und eine prägnante Bebauung an den Osthallen der Messe gefordert. So nutzt man Potenziale und Defizite.

Politiker und Verwaltung zeigten sich nach der Vorstellung der Entwürfe dankbar für die vielen Anregungen. Das Planungsamt präferiert nach eigenen Angaben keinen der vier Pläne und scheint auch keinen Masterplan für das Rechtsrheinische daraus entwickeln zu wollen. Messe und Hochhäuser waren eh‘ nicht das Thema. Amtsleiterin Müller will das Augenmerk auf einige Verbindungsstraßen und den öffentlichen Raum legen und erstmal anderthalb Jahre warten. Dann wolle man sich in gleicher Runde wiedertreffen, hieß es.

Mit diesem kölschen Laissez-faire ist der ganze Workshop zu Stande gekommen. Baudezernent Bernd Streitberger gestand, er sei „kein Freund von Visionen“. Beim Verfolgen des Zieles könne es gelegentlich zu Seitwärtsbewegungen kommen, das sei eben bei langfristigen Planungen so. Man dürfe nur nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Welches Ziel eigentlich?