Sinnlose Bettel-Briefe

„Versenden Sie diese Mail an zehn Freunde, und zwar sofort!“ Besser nicht – sonst haben Sie bald keine mehr

Jeder kennt sie, jeder hasst sie, und trotzdem: Es gibt immer noch Leute, die Kettenmails weiterleiten – und ihre Freunde damit nerven. Könnte ja sein, dass Microsoft mir wirklich für jede versendete Mail ein paar Dollar überweist, ich nicht von einem Meteoriten erschlagen werde oder die nigerianische Ehebrecherin nicht gesteinigt wird.

Selbstverständlich ist das Schwachsinn. Aber Menschen mit Helfersyndrom tun sich schwer, derartige Appelle zu ignorieren: „Vielen Dank für Ihr Engagement und hoffentlich gelingt es, ein Menschenleben zu retten.“ Der Kettenbrief, der dazu aufruft, sich an einer Online-Petition gegen die Steinigung beteiligen, kursiert immer noch im Netz. Nett gemeint, leider aber sinnlos und falsch. Denn das gegen die Nigerianerin Amina Lawal verhängte Todesurteil wurde bereits im September 2003 aufgehoben. „Amina Lawal ist frei, und es geht ihr gut“, meldet die Menschenrechtsorganisation amnesty international. „ai distanziert sich ausdrücklich von einer Kettenmail unbekannter Herkunft, die zurzeit in Umlauf ist und in der behauptet wird, Amina Lawal drohe die Hinrichtung.“

Vor- und zugleich Nachteil des Internets ist die Anonymität. Jeder kann in den virtuellen Weiten frei erfundene Geschichten verbreiten, ohne Konsequenzen. Warum das Ganze? Frank Ziemann, Computer-Experte an der Technischen Universität Berlin, meint, es handele sich bei solchen Meldungen „mehr um ein soziologisches Phänomen“.

Fakt ist, so steht es auf der Homepage der TU Berlin, dass „Hoaxes“, zu denen Viren-Falschmeldungen, Bettel- und Glücksbriefe sowie Urban Legends gehören, „keinen ernst zu nehmenden Hintergrund haben“. „Generell werden nie echte Viruswarnungen auf diese Weise in die weite Welt geschickt“, und „Kettenbriefe sind kein adäquates Medium zur Kommunikation seriöser Anliegen“. Die Haben-Seite der Hoaxes: Sie verursachen nutzlosen Datenverkehr, müllen Postfächer zu, plagen User mit schlechtem Gewissen, rauben Zeit und verursachen sogar wirtschaftlichen Schaden. Also: Hoaxes ignorieren, löschen und den Absender bitten, einen nicht mehr mit gut gemeinten Müll-Mails zu belästigen. Und wenn das nicht zieht, am besten auf „return to sender“ klicken. BW