Neue Chancen für deutsche Handwerker

Dem Lohnkostenvorteil der neuen EU-Länder wollen die deutschen Betriebe höher qualifizierte Arbeit entgegensetzen

BERLIN taz ■ Das deutsche Handwerk kann angesichts der EU-Osterweiterung nicht nur mit Risiken rechnen, sondern auch mit neuen Chancen. Das sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Dieter Philipp, gestern in Berlin. Die Unternehmen müssten sich dazu aber den veränderten Marktbedingungen anpassen. Er empfahl, statt auf Standardleistungen auf höher qualifizierte Leistungen zu setzen.

Mittelfristig erwarte er einen großen Bedarf an hochwertigen Produkten und Dienstleistungen in den expandierenden Märkten der Beitrittsländer, so Philipp. Und es sei absehbar, dass dieser nicht allein von den osteuropäischen Handwerksbetrieben befriedigt werden könne.

Doch der ZDH-Präsident bestätigte auch, dass vor allem Betriebe im grenznahen Raum zu den Beitrittsländern befürchteten, das Lohn- und Preisgefälle könne ihre Existenz bedrohen. Laut einer Studie der Universität Mannheim zur Kooperation im Handwerk nach der EU-Erweiterung ist das nicht unberechtigt: Die Arbeitsintensität ist beim Handwerk besonders hoch, Lohnkostenunterschiede spielen deshalb eine große Rolle. So betragen etwa die Löhne in der polnischen Bauwirtschaft nur 22 bis 23 Prozent der deutschen. Der Lohnanteil am Umsatz in Polen liegt wegen der höheren Arbeitsproduktivität in Deutschland bei etwa 60 Prozent des deutschen Wertes.

Ende des vergangenen Jahres gab es in Deutschland rund 846.588 Handwerksbetriebe mit mehr als 5 Millionen Beschäftigten. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung war im Zeitraum 1985 bis 1996 im Osten Deutschlands mit rund 20 Prozent doppelt so hoch wie im Westen. In den vergangenen fünf Jahren haben sie allerdings 1,2 Millionen Arbeitsplätze verloren – viele davon durch zunehmende Schwarzarbeit. Laut einer ZDH-Statistik gab es aber 2003 erstmals seit dem Jahr 2000 wieder mehr Betriebe – wenn es sich auch nur um einen Zuwachs von 0,3 Prozent handelt. Das lässt auf eine leichte Entspannung des Arbeitsmarkts hoffen.

Zumindest auf dem legalen deutschen Arbeitsmarkt wird sich die Lage infolge der EU-Osterweiterung nicht verschlechtern. Dazu bemerkt die Mannheimer Studie, die deutsche Handwerksordnung sei eine rechtliche Marktzutrittsschranke, die so strikt sonst nur in Österreich und Luxemburg anzutreffen ist. MICHAELA KRAUSE