Weltliteratur in 11 Bänden

Der Kölner Dittrich-Verlag sichert sich die Rechte an Edgar Hilsenraths Gesamtwerk. Drei Bücher schon erschienen

KÖLN taz ■ „Ich wollte kaum glauben, dass die Rechte frei sind“, erzählt der Kölner Verleger Volker Dittrich. Weil der Piper-Verlag aber kein Interesse mehr an Edgar Hilsenrath hatte, griff Dittrich zu. „Er ist ein ganz großer Erzähler, er schreibt Weltliteratur“, schwärmt er. Nun bereitet er eine Gesamtausgabe von Hilsenraths Werken in 11 Bänden vor. Drei – mit einer Anschubfinanzierung von der Kulturstiftung NRW unterstützt – sind schon erschienen.

Hilsenrath zählt zu den wichtigsten deutschen Gegenwartsautoren. Doch die literarische Verarbeitung seines Schicksals, das Überleben in einem jüdischen Getto in Rumänien, stieß in der Vergangenheit oft auf Unverständnis und Ablehnung. „Der schwarze Humor hat mich gerettet“, erzählte Edgar Hilsenrath am Dienstag bei einer Lesung im Anderen Buchladen in Köln-Sülz, zu der er aus Berlin angereist war. „Er gab mir die Möglichkeit, mein eigenes Schicksal zu verarbeiten.“

„Ich war bis zu meinem 50. Lebensjahr ein Versager“, so Hilsenrath, der 1926 in Leipzig geboren wurde. „Mit 48 arbeitete ich immer noch als Kellner in New York. Ich wusste genau, was ich kann und wollte. Aber das Echo fehlte.“ Mit seinem Debüt „Nacht“ gelang dem Autor in den USA ein Achtungserfolg, als das Buch 1964 in einer Kleinstauflage auch in Deutschland erschien, wurde es nach kurzer Zeit wieder vom Markt genommen. Die Erinnerungen Hilsenrath passten nicht in die Pädagogik der Nachkriegsrepublik, wo verfolgte Juden ausschließlich als Opfer oder Helden vorkommen durften. Er jedoch beschrieb den Alltag in Getto und Konzentrationslager drastisch und realistisch, schilderte, wie die Internierung Menschen im Überlebenskampf zu Wölfen machte.

Für seinen zweiten Roman fand sich lange überhaupt kein Verleger. „Der Nazi und der Friseur“ beschreibt die Geschichte eines Massenmörders, der nach dem Krieg die Identität eines toten jüdischen Schulfreundes annimmt. Auch hier: zu viel Sarkasmus, zu viel bitterer Humor – und zu wenig political correctness. Erst Ende der 70er wurde die Satire als Taschenbuch ein Publikumserfolg. Kein Wunder, dass der Piper-Verlag die Rechte an diesem Roman – im Unterschied zu den anderen Werken – teuer an Dittrich verkaufte.

OLIVER MINCK