berliner szenen Schönheitskönigin

Anita Ekberg in Berlin

Ich warte im Alten Museum darauf, dass Anita Ekberg das italienische Festival eröffnet. Ja genau, die schwedische Schönheitskönigin mit dem unglaublichen Busen, die in Fellinis „La Dolce Vita“ von 1959 im römischen Trevi-Brunnen ein nächtliches Bad nimmt. Plötzlich ist Anita Ekberg da, sie schreitet wie eine Diva – und sieht doch ganz anders aus: weiß geschminktes Gesicht, tiefe Augenringe. Sie ist Anfang siebzig, eine ältere Frau, natürlich. Fast kriege ich Mitleid, frage mich, wie das wohl so sein muss: Fleisch gewordener Männertraum gewesen zu sein und sich noch immer diesem Taxieren aussetzen zu müssen.

Nach den Grußworten spricht sie selbst, und auf einmal weiß ich, warum ich hier stehe, so albern mit den Sektglas in der Hand. Ihre Stimme ist rau, geht von ganz tief bis hoch, ihr mächtiger Körper kommt wallend in Bewegung. Später fragt Knut Elstermann etwas zum Skript von Fellini, woraufhin Anita Ekberg ins Publikum ruft: „Er hat ‚Strip‘ gesagt, er hat ‚Strip‘ gesagt!“ Dem jungen Mann, der ihr die Blumen bringt, irgendwann zu einem Zeitpunkt, der nicht so richtig passt, sagt sie, dass er sehr gut aussehe und wie schade es sei, dass sie nicht mehr jung sei. Wieder höre ich diese erstaunliche Stimme, die Englisch und Italienisch mixt, die etwas Vulgäres hat und klingt, als habe sie viele eigene Wünsche ausgesprochen.

Im Liegestuhl vor der Leinwand auf der Museumsinsel warte ich noch einmal auf Anita Ekberg, um zum zigsten Mal „La Dolce Vita“ zu sehen: wie sie mit den Hunden heult und mit einem Kätzchen auf dem Kopf („Oh, little Italian cat!“) durch die Gassen irrt. Ich schaue den Film bis zur Brunnenszene, dann gehe ich. Nach dem Auftritt von Anita Ekberg ist mir der Film zu langweilig. CHRISTIANE BREITHAUPT